Aktionsraumforschung: Ein Blick zurück und nach vorn
Abstract
Die Aktionsraumforschung hatte eine erste Blütezeit in der Sozialgeographie der 1970er Jahre. Seit den 1980er Jahren hat sie in der Sozialgeographie begrifflich an Bedeutung verloren, ist aber methodisch in den Standard-Werkzeugkasten der Forschung zu Verkehr, Mobilität und Erreichbarkeit in verschiedenen Disziplinen eingegangen. Die inhaltlichen und methodischen Schwerpunkte sind dabei allerdings begrenzt. Im Mittelpunkt stehen quantitative Analysen der Zielwahl und zurückgelegten Distanzen sowie der notwendigen Distanzen und Reisezeiten (Erreichbarkeiten). Dabei wird in der Regel zwischen verschiedenen Aktivitätskategorien sowie Bevölkerungsgruppen differenziert. Der Vortrag wirft einen kurzen Blick zurück und skizziert Potenziale einer erweiterten Forschungsperspektive für die Aktionsraumforschung. Diese sollte verstärkt auch folgende Punkte umfassen: (1) die zeitliche – simultan mit der räumlichen – Differenzierung von Aktivitäten („wer ist wann wo?“); (2) die Multifunktionalität von Orten aus der Perspektive einer solchen zeitlichen Differenzierung („wann ist ein Spielplatz ein Spielplatz?“); (3) subjektive Perspektiven auf die Bedeutung von Orten als zeitlich, räumlich und sozial definierte dynamische Gelegenheiten. Aus praktischer Sicht kann eine solche Aktionsraumforschung zum besseren Verstehen einer ganzen Reihe von Phänomenen der Stadtentwicklung beitragen, etwa der raumzeitlichen Segregation; der sozialen Teilhabe durch Erreichbarkeiten (bzw. der sozialen Exklusion durch eingeschränkte Erreichbarkeiten); der raumzeitlich definierten Betroffenheit von Umweltproblemen (Lärm, Abgasemissionen) mit entsprechenden Gesundheitsproblemen; der Ausbreitung von medizinischen (Pandemie), aber auch sozialen Phänomenen.