„Das erlaubt meine Mutter nicht": Kindliche Alltagsräume und -mobilität aus Kinder- und Elternperspektive
Abstract
Auf dem Spielplatz, bei Oma zuhause, am Strand oder im Schwimmbad: Kinder verbringen ihre alltägliche Zeit in verschiedensten Räumen. Manche erreichen sie selbstständig zu Fuß oder mit dem Rad, andere nur in Begleitung von Erwachsenen. Kindheit findet heute verhäuslicht, institutionalisiert, verinselt, (über‑)behütet, fremdbestimmt und digitalisiert statt – und häufig auf dem Rücksitz eines Pkw. Zeitliche und räumliche Veränderungsprozesse prägen zunehmend den Kindesalltag (Kogler 2015, 45) und beeinflussen nicht zuletzt die Mobilität der Kinder.
Was sind die Alltagsräume der Kinder heutzutage? Wie erreichen sie diese Räume? Und was erleichtert oder erschwert die unabhängige Mobilität der Kinder? Um diese und weitere Fragen zu beantworten, wurden im Rahmen einer Dissertation mehr als 30 Kinder sowie deren Eltern interviewt. Die Kinder unterschieden sich unter anderem hinsichtlich des Alters, des Wohnortes und des sozioökonomischen Status der Familien. Auch Kinder mit Behinderungen waren Teil der Forschung. Die Kinder und Eltern haben nicht nur die kindlichen Alltagsräume beschrieben, sondern sie auch als subjektive Landkarte aufgezeichnet, woraus sich Rückschlüsse auf die Alltagsmobilität der Kinder ziehen lassen. Stattgefunden hat die Untersuchung in der StädteRegion Aachen.
„Weil es so weit weg ist, wollte immer mit dem Fahrrad fahren, aber das erlaubt meine Mutter nicht“, sagte der elfjährige Finn. Das Zitat ist eines von vielen Beispielen, das aufzeigt, von welchen Einflussfaktoren die kindliche Bewegung im Raum abhängt. Im Vortrag werden die empirischen Forschungsergebnisse mit Blick auf die Mobilität der Kinder präsentiert. Anhand der qualitativen leitfadengestützten Interviews und subjektiven Landkarten wird gezeigt, welche Räume die Kinder (nicht) ohne Begleitung und (nicht) ohne Fahrzeug aufsuchen. Ebenso wird erörtert, inwieweit Räume für Kinder überhaupt zugänglich sind. Da sowohl Kinder als auch Erwachsene in den Forschungsprozess eingebunden worden sind, lassen sich auch methodische Schlussfolgerungen ziehen: Welchen Mehrwert hat es, mit Kindern zu forschen, statt nur über sie? Vergleichende Darstellungen verdeutlichen, inwieweit sich die Kinder- von der Elternperspektive unterscheidet.
Kogler, Raphaela. 2015. «Zonen, Inseln, Lebenswelten, Sozialräume. Konzepte zur Raumaneignung im Alltag von Kindern.» In Räumliche Mobilität und Lebenslauf. Studien zu Mobilitätsbiografien und Mobilitätssozialisation, hrsg. v. Joachim Scheiner u. Christian Holz-Rau, 43–56. Wiesbaden: Springer Fachmedien.