Dekommodifizierung des Bodens anhand der Ulmer Liegenschaftspolitik

Vortrag
Sitzungstermin
Freitag (22. September 2023), 16:30–18:00
Sitzungsraum
HZ 10
Autor*innen
Jan Lucas Geilen (Philipps-Universität Marburg)
Kurz­be­schreib­ung
Der Vortrag setzt sich Allgemein mit der Ulmer Liegenschaftspolitik auseinander und versucht mit ihrer Hilfe, die Potenziale der Verbesserung der Bodenordnung bis hin zur Dekommodifizierung und Vergesellschaftung des städtischen Bodens offenzulegen.
Schlag­wörter
Ulm, kommunale Handlungsoption, Dekommodifizierung, Boden

Abstract

Die in Baden-Württemberg liegende Stadt Ulm, besitzt ein bundesweit einzigartiges Konzept, über das sie versucht, den Dynamiken des Bodenmarktes entgegenzuwirken. Ulm betreibt seit mehr als 130 Jahren eine vorausschauende Bodenpolitik, über die sie die Entwicklung der Stadt und der Grundstückspreise beeinflussen kann. Ihr Ansatz dazu ist es, das Amt für Liegenschaft und Wirtschaftsförderung mit hoheitsrechtlichen Instrumenten auszustatten, wodurch ein systematischer Handel und die Ausweitung des städtischen Grundeigentums erzielt werden kann. Die Instrumente platzieren die Stadt als nahezu unumgängliche Zwischenerwerberin bei dem Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage. Sowohl bei den Verhandlungen mit den Anbieter*innen, als auch bei der Vergabe von Boden verfolgt sie sich auferlegte Kriterien, die sich von den Marktprinzipien unterscheiden lassen. Zeitgleich nutzt sie den Handel um ihren eigenen Bestand an Boden auszuweiten, wodurch sie ihre langfristig ausgerichtete Planung garantiert und Teile in einer Stiftung vor dem Verkauf sichert.

Ob und inwiefern der Stadt Ulm es gelingt, den Boden zu dekommodifizieren, sprich aus der Marktlogik herauszulösen, war Gegenstand meiner Masterarbeit, die ich im Dezember 2022 an der Phillips-Universität Marburg abgegeben habe. Dabei wurde sich dem Boden aus einer politisch-ökonomischen Perspektive genähert und in der Tradition der Marburger Schule einige der derzeitigen rechtlichen Möglichkeiten zur Dekommodifizierung und Vergesellschaftung des städtischen Bodens zur Wohnraumnutzung herausgestellt. Die Untersuchung stützt sich dabei auf quantitative Methoden, bei denen die Wirkung der Liegenschaftspolitik auf Boden- und Mietpreise herausgestellt und mit anderen Städten verglichen wurde. Zudem wurde exklusiv für die Arbeit Zahlen der Ulmer Flächen An- und Verkäufe durch das Ulmer Liegenschaftsamt zur Verfügung gestellt. Die weiteren Schritte der durchgeführten Analyse basieren auf Expert*inneninterviews. Diese wurden mit politischen Entscheidungsträger*innen, Prof. Dr. Löhr und der Leiterin des Liegenschaftamtes durchgeführt. Die quantitative Analyse stellt zum einen heraus mit welchen Instrumenten und nach welchen Prinzipen das Amt für Liegenschaften und Wirtschaftsförderung agiert. Zum anderen wird der Einfluss auf den Bodenmarkt betrachtet. Hierbei wird diskutiert, ob das Ulmer Modell dafür sorgen kann, dass der Bodenmodenmarkt in der Stadt effizienter funktioniert und ob er zentrale Probleme des Bodenmarktes beheben kann. Der letzte Teil der Analyse setzt sich damit auseinander, wie es diesem Liegenschaftsmodell (zumindest teilweise) gelingt, den Boden aus den Verwertungs- und Kapitalkreisläufen herauszunehmen. Darauf aufbauend werden die Entscheidungsbefugnisse über die Bodennutzung in Ulm betrachtet. Hier gilt es zu zeigen, wie Ulm die Demokratisierung des Bodens forciert und auch die ungenutzten Potenziale der Stadt offenzulegen.