Der sozial-ökologische Transformationskonflikt um die Mobilitätswende am Beispiel der IAA-Mobility in München

Vortrag
Sitzungstermin
Freitag (22. September 2023), 09:00–10:30
Sitzungsraum
SH 2.101
Autor*innen
Michael Mögele (TU München)
Luca Nitschke (ISOE)
Kurz­be­schreib­ung
Der Beitrag beschreibt die Konflikte um die IAA Mobility in 2021 in München und die darin sichtbarwerdenden Positionen im Transformationskonflikt um die Mobilitätswende.
Schlag­wörter
Mobilitätswende, IAA Mobility, Protest, Transformation, Konflikt

Abstract

die IAA in München war von vielfältigen Konflikten zwischen Veranstaltern, Stadtpolitik, Zivilgesellschaft und links-aktivistischen Bewegungen geprägt mit einer Vielzahl von radikalen und groß angelegten Protestaktionen. Vor diesem Hintergrund bot sich die bisher einmalige Gelegenheit, die Konfliktpositionen und deren Aktionsformen im Diskurs um die Mobilitätswende zu beobachten. Während innerstädtische Plätze als halbprivate Ausstellungsorte genutzt wurden, um die neuesten Elektrofahrzeuge zu präsentieren, organisierten viele andere Akteure parallele Aktivitäten, die zum Teil als ergänzende Veranstaltungen gedacht waren, zum Teil aber auch in direktem Konflikt zur Vereinnahmung der Münchner Innenstadt durch die IAA standen. Damit war die IAA nicht nur Teil des Konfliktes um die Mobilitätswende, sondern auch Teil der Konflikte um die Privatisierung von öffentlichen Räumen und ein eindrückliches Beispiel für die Rolle der Polizei (und des Staates) bei der Sicherung von Wirtschaftsinteressen.

Die IAA-Mobility dient im vorliegenden Beitrag deshalb als Fallbeispiel für die Untersuchung des sozial-ökologischen Transformationskonflikts um die Mobilitätswende. Dabei werden die konflikthaften Diskurspositionen, Praktiken und Bedeutungen rund um die Mobilitätswende in Deutschland dargestellt und analysiert.

Der Beitrag entfaltet das vielfältige Akteursspektrum und damit verbundene Diskurspositionen und Normativitäten und zeigt bestehende und mögliche Diskurskoalitionen auf. Insgesamt werden vier Konfliktpositionen identifiziert: 1) Antriebswende, 2) Verkehr in der Stadt, 3) Umbau der Automobilindustrie und 4) Klimagerechtigkeit (jenseits des Kapitalismus).

Im Gesamtblick auf die politische und öffentliche Debatte um die Mobilitätswende lässt sich oftmals eine Polarisierung in pro Auto und kontra Auto feststellen. Die Beobachtung der Proteste während der IAA-Mobility hat gezeigt, dass diese Vereinfachung in zwei Lager der Tiefe des Konflikts nicht gerecht wird. Vielmehr geht es im Konflikt darum, welche unterschiedlichen Ziele mit der Mobilitätswende verknüpft und verfolgt werden. Für die Automobilindustrie geht es vor allem um das Beibehalten ihres Geschäftsmodells mit einer hohen Wertschöpfung und Gewinnmaximierung. Ein Großteil der zivilgesellschaftlichen Bündnisse fokussiert bei der Mobilitätswende auf lokale Nachhaltigkeit und möchte einen stadtverträglicheren und zukunftsfähigen Verkehr erreichen. Für linke Aktivist:innen wiederum steht die Mobilitätswende unter dem Vorzeichen der Herstellung globaler (Klima‑)Gerechtigkeit jenseits des Kapitalismus.