Die Anwendung von Climate Engineering: Ein Problem für Sicherheit und Frieden

Vortrag
Sitzungstermin
Freitag (22. September 2023), 16:30–18:00
Sitzungsraum
SH 3.104
Autor*innen
P. Michael Link (Universität Hamburg)
Jasmin S. A. Link (Universität Hamburg)
Jürgen Scheffran (Universität Hamburg)
Kurz­be­schreib­ung
Die Implementation von Climate Engineering-Technologien hat weitreichende Folgen für Sicherheit und Frieden. Wir analysieren die Wirkungsnetzwerke von stratosphärischen Aerosolinjektionen und biologischer Kohlenstoffspeicherung und adressieren dabei vor allem die Dual-Use-Problematik der Methoden.
Schlag­wörter
Climate Engineering, Sicherheit, Frieden

Abstract

Climate Engineering (CE) ist die absichtliche Manipulation des Klimasystems durch den Menschen. Ziel ist es, die durch den Klimawandel hervorgerufene Erderwärmung abzuschwächen bzw. sogar umzukehren. Ansätze zielen entweder auf eine Reduzierung der Sonneneinstrahlung ab oder auf die Entfernung und Einlagerung von Kohlenstoff aus der Atmosphäre. Derzeit wird vermehrt über die technische Machbarkeit diskutiert, mit dieser Methodik die anderen Säulen des Umgangs mit dem Klimawandel (Mitigation und Adaption) zu ergänzen. Dabei wird den umfangreichen und vielfältigen Auswirkungen des CE auf die menschliche Gesellschaft bislang viel zu wenig Beachtung geschenkt. Von besonderer Bedeutung sind hierbei die Konsequenzen für Frieden und Sicherheit.

Auch wenn ein globaler Konsens für eine Anwendung von CE-Technologien derzeit noch unwahrscheinlich ist, erscheinen die Absichten zunächst friedlich. Jedoch erfordert der Einsatz einiger CE-Technologien eine gleichbleibend oder sogar zunehmende intensive Anwendung über lange Zeiträume, um physische oder psychische Terminationseffekte zu vermeiden oder auszugleichen. Eine solche CE-Anwendung wäre schwer mit demokratischer Politik zu vereinbaren und entsprechend konfliktträchtig. Ebenso kann die fehlende Messbarkeit oder Dosierbarkeit von CE-Anwendungen Konflikte verstärken. Aus dem technologischen Einsatz von CE lassen sich plausible und relevante direkte und indirekte Auswirkungen ableiten, die gemeinsam und über Feedbackmechanismen bedeutsam für Frieden und Sicherheit sein können. Derartige Netzwerke möglicher Konsequenzen lassen sich für alle bedeutenden CE-Technologien erstellen und weisen den Technologien entsprechend charakteristische Unterschiede auf.

In komplexen Wirkungsnetzwerken werden zentrale Verkettungen von Effekten mit ihrer Sicherheitsrelevanz beschrieben. Diese lassen sich anschließend in ein Diffusionsmodell übersetzen. Simulationen mit derartigen Modellen machen die Aktivitätsschwerpunkte und Ansammlungen, die in der Netzwerkstruktur möglich sind, deutlich. In den Beispielen der stratosphärischen Aerosol-Injektion (SAI) und biologischen Kohlenstoffspeicherung (BECCS) sind politische und sozioökonomische Wirkungsschwerpunkte erkennbar, die in erheblichem Maße den Aspekt von Sicherheit und Frieden betreffen. Interessanterweise können einige dieser Effekte bereits allein durch die Verbreitung gezielter Informationen über eine CE-Anwendung ausgelöst werden, z.B. über Fake News, ohne dass es einer tatsächlichen Implementation der entsprechenden Technologie bedarf.