Die Governance von Wertketten digitaler Mobilitätsservices in China: Industriepolitik und Spielräume internationaler Unternehmen
Abstract
Wertketten der Automobilindustrie unterliegen aktuell einem Wandel, welcher die fundamentale Neu-Organisation der Industrie, und darin eingebetteter Wertschöpfungsaktivitäten, sowie die Anpassung von Mobilitätsangeboten und -nutzung zur Folge hat. Dieser Wandel ist im Wesentlichen durch den technologischen Paradigmenwechsel im Fahrzeugantrieb sowie der Einführung digitaler Funktionen für bordeigene Anwendungen und Fahrzeugvernetzung begründet. Diese Transition betrifft die Kernbestandteile der Wertschöpfung und wirkt sich sektoral und räumlich aus.
Mit der Einführung digitaler Funktionen, wie zum Beispiel Mobilitätsplattformen, Infotainment-Systemen und automatisches Fahren gewinnen Wertschöpfungsprozesse an Relevanz, welche außerhalb der Expertise von Unternehmen liegen, die seit Jahrzehnten im Automobilsektor etabliert sind. Dies resultiert in einer hohen Dynamik, in welcher industrieexterne Akteure sich in der Automobilindustrie positionieren um an Wertschöpfungsprozessen für digitale Fahrzeugfunktionen teilzunehmen und darin die Wertaneignung für das eigene Unternehmen zu maximieren.
Räumlich trägt die Dynamik in den Bereichen der Fahrzeugdigitalisierung zur Verlagerung industriespezifischer Machtzentren hin zu Standorten bei, in welchen Firmen beheimatet sind, welche über Expertise Verfügen, die für digitale Fahrzeugfunktionen relevant ist. Insbesondere in China wird der Digitalisierungstrend aufgegriffen um mit Hilfe industriepolitischer und regulatorischer Maßnahmen Rahmenbedingungen zu schaffen, in welcher zentrale Funktionen der Wertschöpfung lokal und bei chinesischen Firmen verankert sind.
Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich dieser Beitrag mit der Organisation der Wertschöpfung digitaler Mobilitätsplattformen in China und die Positionierung internationaler Unternehmen in diesen neu entstehenden Produktionsnetzwerken. Untersucht werden insbesondere die regulatorischen und industriepolitischen Rahmenbedingungen für die Organisation von Wertschöpfungsnetzwerken in den Bereichen Car Sharing und Ride Hailing. Konzeptionell eingebettet ist die Präsentation in der Diskussion um Globale Produktionsnetzwerke und Globalisierung (Coe and Yeung 2015; Gong et al. 2022). In diesem Kontext soll die Studie einen Beitrag zur Konzeptionalisierung von geo- und industriepolitischen Einflüssen in der Governance digitaler Wertketten leisten.
Diese Studie ist Teil des DFG-Projekts “Transitionen chinesisch-deutscher Geschäftsbeziehungen im Kontext technischer Paradigmenwechsel in der Automobilindustrie”, dass die Neuausrichtung von Produktionsnetzwerken der Automobilindustrie für neue Kernkomponenten sowie die Positionierung von chinesischen und deutschen Unternehmen in diesen neu konfigurierten Netzwerken untersucht. Ein besonderer Fokus dieses Projektes liegt bei der Analyse von Produktionsnetzwerken für digitale Fahrzeugfunktionen und Batterien.