Die komplexen Verflechtungen von transnationalen plattformbasierten Märkten mit regionalen Assets und Entwicklungspfaden

Vortrag
Sitzungstermin
Donnerstag (21. September 2023), 18:15–19:45
Sitzungsraum
SH 0.106
Autor*innen
Björn Braunschweig (Universität Jena)
Kurz­be­schreib­ung
Wie kann die Church of England davon profitieren, dass ich auf Spotify Nirvana höre? Der Beitrag zeigt die Zusammenhänge transnationaler Plattformen mit regionalen Assets und Entwicklungspfaden am Bsp. der Musik- Finanzindustrien auf und stellt ein integriertes Konzept plattformbasierter Märkte vor.

Abstract

Kreative Akteur:innen und das von ihnen produzierte geistige Eigentum sind die primäre Grundlage der Wertströme in einer globalen Musikindustrie (Leyshon, 2001; KEA 2022). Die standortgebundenen Netzwerke, in welche diese Akteur:innen eingebettet sind, spielen eine wichtige Rolle bei der Förderung des kreativen Potenzials und der Innovationsfähigkeit von Musikschaffenden und technologischen Innovatoren (Pratt & Bennett, 2022; Watson, 2022). Das Wesen dieser Netzwerke und ihre institutionelle Umgebung haben sich jedoch durch technologische Innovationen und die zunehmende Plattformisierung und Finanzialisierung der Musikindustrie erheblich verändert. Im Zuge dieser Entwicklungen treten in ihnen z. B. neue Akteur:innen auf: Berater:innen und Manager:innen von Investmentfonds für Musikrechte. Diese neuen Akteur:innen nutzen Plattformen und plattformbasierte Märkte, um die Kluft zwischen standortgebundenen Komponenten der Musikindustrie und globalen Netzwerken der Finanzindustrie zu überbrücken.

Weder die Konzepte globaler Produktionsnetzwerke (Yeung, 2021) noch die der regionalen Pfadentwicklung/-entstehung (Hassink et al., 2019; MacKinnon et al., 2019) können das Aufkommen dieser Investmentfonds, die von ihnen gewählten Standorte oder die Mechanismen des Musikrechtemarktes, in den sie involviert sind, angemessen erklären, wenn sie voneinander losgelöst verwendet werden, da die Rolle von Plattformen und plattformbasierten Märkten bisher außerhalb ihres Blickfelds liegt. Ziel dieses Beitrags ist es daher, die Rolle der Plattformen und plattformbasierten Märkte, welche die Investmentfonds ermöglichen, sowie die ihnen zugrunde liegenden Mechanismen zu ermitteln und zu erklären.

Aufbauend auf einer qualitativen Analyse von mehr als 650 juristischen und Unternehmensdokumenten, 350 Musikindustrie News Artikeln und 100 Musikindustrie Business Reports wird mithilfe von sogenanntem pre-specified blockmodeling (Prota 2016) aufgezeigt, wie sich Netzwerke von Akteur:innen idealtypisch um plattformbasierte Märkte herum bilden. Des Weiteren wird am Beispiel der Musikindustrie dargelegt, wie diese Märkte und Netzwerke genutzt werden können, um Zugriff zu (extra‑)regionalen Assets zu erhalten, auf transnationaler Ebene von (extra‑)regionalen Entwicklungspfaden zu profitieren und schlussendlich verschiedene räumliche Ebenen unterschiedlicher Industrien miteinander zu verknüpfen. Mithilfe dieses Fallbeispiel wird somit zugleich die Grundlage gelegt, einerseits die geforderte Verbindung von Konzepten der evolutionären und relationalen Wirtschaftsgeographie voranzutreiben (u. a. Hassink et al. 2019) und andererseits Plattformen und plattformbasierte Märkte sowie die ihnen eigenen Mechanismen in diese Konzepte zu integrieren.