Die Rolle von Gesundheitsberufen als Change Agents in der Planetaren Krise
Abstract
Durch die fortwährende Überschreitung ökologischer Grenzen riskiert ein kleiner Anteil der Menschheit die Unbewohnbarkeit unseres Planeten. Der Beitrag der wohlhabendsten 10% der Weltbevölkerung trägt mit mehr als der Hälfte aller globalen Emissionen überproportional dazu und verschärft Klimaungerechtigkeit durch unser stetiges Streben nach Wirtschaftswachstum und Konsum. Die mit der Klimakrise verbundenen Gesundheitsgefahren reichen von übertragbaren Krankheiten, die derweil das Auftreten von etwa 58 % aller Krankheitserreger verstärkt - bis hin zu nicht übertragbaren Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Nahrungsmittelunsicherheit, die durch Extremwetterereignisse und deren Folgen sowohl direkt, als auch indirekt verschlimmert werden können.
Im Rahmen dieses Nexus von Planetarer Krise und Gesundheit finden sich Angehörige der Gesundheitsberufe in multiplen Rollen wieder: Sie sind die ersten, die auf unmittelbare Gesundheitsbedrohungen reagieren und Patient*innen langfristig begleiten, während sie selbst dem gleichen ökologischen Umfeld und seinen Determinanten ausgesetzt sind. Darüber hinaus wird ihnen gesellschaftlich ein hohes Vertrauen entgegengebracht und befinden sich an der Schnittstelle von Zivilbevölkerung, Wissenschaft und Gesundheitspolitik. Die Kombination dieser Eigenschaften kann sie dazu befähigen, eine entscheidende Rolle bei Mitigation und Adaption des planetaren Notstandes zu einzunehmen. Nicht nur, weil der globale Gesundheitssektor selbst zu 5 % der globalen Emissionen beiträgt, sondern auch, weil nachhaltige Praxis und transformative Gesundheitskommunikation das Potenzial haben, sowohl Einfluss auf ökologische Überzeugungen und Verhaltensweisen der Zivilgesellschaft als auch auf Maßnahmen politischer Entscheidungsträger zu nehmen.
Wie können nun Politik und Wissenschaft die Rolle von Gesundheitsfachkräften stärken und befähigen diese wichtige Rolle als Change Agents anzunehmen? Welche Rahmenbedingungen benötigen Ärztinnen und Ärzte, die Geburtshilfe, Apotheker*innen etc. um Nachhaltigkeit in ihre tägliche Praxis bringen und Change Agents sein zu können? Neben essentiellen Ressourcen wie Personal, Vergütung, gesundheitsfördernde Settings, die in der (gesundheits‑) politischen Verantwortung liegen, werden transformative und patientennahe Ansätze wie klimasensible Gesundheitsberatung und andere Kommunikationskompetenzen rundum die Planetare Gesundheit bereits durch eine Reihe von Initiativen gefördert. Diese gingen initial insbesondere aus der Zivilbevölkerung hervor, wo diverse Gruppen aus dem Gesundheitssektor sich politisch engagieren und eben diese Rolle als Change Agents wahrnehmen, um auf wissenschaftliche Evidenz aufmerksam zu machen und Gesundheitspraxis transformativ und nachhaltiger zu gestalten.
Im Rahmen dieses Formates soll nun diskutiert werden, wie politisch nicht nur Medizin, sondern auch die Gesundheitswissenschaften sein sollten, um effektive, klimaschützende Politik zu fördern.