Die (un-)kritische Infrastruktur Verkehrsflughafen: Bedeutungsperspektiven für resiliente Lieferketten

Vortrag
Sitzungstermin
Freitag (22. September 2023), 09:00–10:30
Sitzungsraum
SH 2.106
Autor*innen
Eva Platzer (TU Darmstadt)
Kurz­be­schreib­ung
Verkehrsflughäfen sind oft Teil nationaler Sicherheitsstrategien. Dennoch zeigt die vorgestellte Studie, dass sie häufig nicht auf Grund ihrer Rolle für globale Lieferketten als Kritisch betrachtet werden, die dadurch entstehenden Sicherheitslücken könnten die Resilienz der Lieferketten gefährden.

Abstract

Während der Covid-19-Pandemie spielten Verkehrsflughäfen eine wichtige Rolle für die Aufrechterhaltung der Lieferketten, insbesondere für den Transport von Gütern und medizinischen Hilfsmitteln. Da viele Fluggesellschaften den Passagierflugverkehr reduzierten oder einstellten, wurden Flugzeuge verstärkt für den Transport von Frachtgütern genutzt. Verkehrsflughäfen dienten als wichtige Logistikdrehkreuze, um medizinische Hilfsgüter wie Schutzkleidung und medizinische Geräte schnell und zuverlässig zu den betroffenen Regionen zu bringen. In diesem Kontext könnten Verkehrsflughäfen als Kritische Infrastrukturen verstanden werden. Insbesondere die Kritikalität von Verkehrsflughäfen waren in dieser Zeit gespalten zwischen ihrer Rolle für die Virusverbreitung und ihrer Bedeutung für die globalen Lieferketten. Ein Ausfall oder eine Beeinträchtigung des Flughafenbetriebs kann erhebliche Auswirkungen auf die Gesellschaft, Wirtschaft und Versorgungssicherheit haben. Daher sind sie oft Teil nationaler Strategien und Maßnahmen zum Schutz kritischer Infrastrukturen. Dennoch zeigt eine durchgeführte Studie auf der Datengrundlage von über 25 Experten*innen-Interviews zur Kritikalität von Verkehrsflughäfen, dass diese Einschätzung nur bedingt von Katastrophenschutzbehörden und den Flughafenbetreibern geteilt wird. Die Analyse zeigt, dass es unterschiedliche Ansichten über die Kritikalität von Verkehrsflughäfen gibt.

Auf dem Hintergrund der oben dargestellten Ausgangslage adressiert der Vortrag die Komplexität der Kritikalitätsverständnisse staatlicher und betrieblicher Akteure. Dies wird am Beispiel von drei Verkehrsflughäfen in Deutschland dargestellt. Im Rahmen des Vortrages werden in Rückbezug auf Expert*innen-Interviews mit drei Verkehrsflughäfen, Bundes‑, Landes- und Kommunalbehörden, sowie Fachbehörden des Sektors „Transport und Verkehr“ die akteursspezifischen Kritikalitätsverständnisse nachvollzogen und verglichen. Die Analyse zeigt, dass vor allem fünf Kritikalitätsverständnisse identifizierbar sind. Dabei ist in der Argumentation der meisten Befragten zentral, dass sie Verkehrsflughäfen nicht als kritisch für die Versorgung der Bevölkerung ansehen. Dabei wird sichtbar, dass die Relevanz von Verkehrsflughäfen für eine resiliente globale Lieferkette von den Expert*innen bisher kaum in ihre Kritikalitätsverständnisse einfließen. Dabei fehlt es an tiefgreifenden Interdependenzanalysen, die mögliche Folgen von Ausfällen für die Lieferketten aufzeigen könnten. Flughäfen werden als weniger relevante bis unkritische Infrastrukturen verstanden. Das Kritikalitätsverständnis hat zudem einen starken Einfluss auf die Sicherheitsmaßnahmen an Flughäfen. In der Folge lassen sich Sicherheitslücken an Flughäfen identifizieren, die die Resilienz der Lieferketten gefährden.