Digital Violent Mobilities: Hate Speech und der Kampf um den öffentlichen Raum auf 4chan

Vortrag
Sitzungstermin
Freitag (22. September 2023), 11:00–12:30
Sitzungsraum
SH 2.101
Autor*innen
Stephan Schurig (TU Chemnitz)
Kurz­be­schreib­ung
„Digital Violent Mobilities on 4chan“ rekonstruiert mithilfe eines diskursanalytischen Verfahrens gewaltvolle Internetdiskussionen im Kontext von Mobilität im öffentlichen Raum auf dem Imageboard 4chan

Abstract

Das Imageboard 4chan hat sich seit seiner Gründung im Jahr 2003 zu einer berüchtigten Plattform entwickelt. Ausgehend von einer Otaku- und Memekultur kam es spätestens seit den Jahren 2015/16 zu einer (Rechts‑)Radikalisierung durch die US-Alt-Right-Bewegung. Das Imageboard bot aufgrund von Anonymität und der Kurzlebigkeit von Beiträgen ein großes Potential Medien und Inhalte zu teilen, die auf moderierten Plattformen verboten waren. Gewalt, Hate Speech, Cybermobbing, Identitätsdiebstähle und Trolling sind integrale Bestandteile der techno-soziokulturellen Praktiken der Community-Mitglieder geworden.

Im Januar 2022 entstanden recht zeitnah zwei Threads auf dem Subforum /gif/, die sich inhaltlich mit der Mobilität im öffentlichen Raum beschäftigten. Einleitend mit den Titeln „#rekt [get wrecked, A.d.A.] – roads are for cars edition“ und „BIKE FAGS getting what they deserve.“ posten und diskutieren die anonymen Nutzenden Videos von Beinahe-Zusammenstößen bis hin zu tödlichen Unfällen. Die Mehrzahl der Beiträge diskutieren dabei Fragen von Schuld und Verantwortlichkeit, die zumeist den vulnerabelsten Verkehrsteilnehmer*innen zugeschrieben wird: „Post pedestrians, cyclists and bikers paying the price for invading a space that doesn’t belong to them. Reminder that roads are for cars and for cars only.“

Mithilfe einer diskurstheoretisch geprägten Analyse der Sprache, Videos, Bilder und Memes sowie der unterschiedlichen Positionen, Perspektiven und Aussagen sollen die zentralen Argumentationsmuster untersucht werden, die die Nutzenden auf 4chan vorbringen. Dabei finden sich auch immer wieder vereinzelte Gegenreden und Widerstände gegen die Vorstellung des Autos als Primat öffentlicher Mobilität. Darüber hinaus bietet der Forschungsansatz eine Möglichkeit einen empirischen Beitrag zu den inneren Kommunikationslogiken auf dem Imageboard zu leisten, sowie Hate Speech, allen voran durch rassistische und frauenfeindliche Beiträge, in einem spezifischen Kontext intersektional zu verknüpfen. In der theoretischen Ausrichtung werden dabei die Grenzen und Möglichkeiten eines Forschungsfeldes „Digital Violent Mobilities“ diskutiert, die sich an der interdisziplinären Schnittstelle zwischen „Violent Mobilities“ und „Digital Violence“ ergeben können.