Digitale Souveränität aus Perspektive der Stadtplanung und -entwicklung

Vortrag
Sitzungstermin
Freitag (22. September 2023), 16:30–18:00
Sitzungsraum
HZ 3
Autor*innen
Lena Unger (Dortmund)
Kurz­be­schreib­ung
Der Frage "Wie beeinflusst digitale Souveränität Stadtplanung und -entwicklung?" folgend, untersucht der Beitrag divergierende Werte und Normen staatlicher Akteure und sozialer Bewegungen hinter dem Diskurs zu Digitaler Souveränität und deren Einschreibung in digitale städtische Planungsinfrastrukturen.

Abstract

Negativen Auswirkungen der Digitalisierung in Städten, wie beispielsweise wachsende Ungerechtigkeiten, Probleme mit Datenethik und Privatsphäre, Kommodifizierung und soziale Kontrolle (Hollands 2008, Coletta et al. 2018) veranlassten unterschiedliche Akteure dazu den Diskurs über Souveränität auf das Digitale anzuwenden (Floridi 2020) um unterschiedliche Ziele und Agenden bezüglich Macht- und Kontrollfragen im digitalen Raum zu fördern (Couture & Toupin 2019; Glasze, Odzuck & Staples 2022; Pohle & Thiel 2020; Lynch 2020; Herlo 2021). Interessanterweise stehen das Verständnis und die zugrundeliegenden Überzeugungen, Werte und Normen von sozialen Bewegungen in Bezug auf Infra- und Organisationsstrukturen der Stadtplanung und -entwicklung “[…] in scharfem Kontrast, wenn nicht sogar im Bruch mit den staatlichen Ansprüchen auf Souveränität über das Digitale” (Couture & Toupin 2018, 2315). Somit werden europäische Städte zum einen von sozio-technischen Imaginären europäischer Digitalpolitik (Monsees & Lambach 2022) beeinflusst, die nach digitaler wirtschaftlicher Unabhängigkeit, Stärkung der Cybersicherheit und der sozio-politischen Ordnung im digitalen Bereich durch den Schutz der individuellen digitalen Souveränität der Bürger strebt (Pohle & Thiel 2020). Zum anderen wird der Begriff der digitalen Souveränität von sozialen Bewegungen als emanzipatorische, kollektive und alternative politische Ökonomie verstanden, deren Bottom-up-Praktiken gegenüber kommerziellen und staatlichen Akteuren im digitalen Bereich gegenübersteht (Lynch 2020).

Laut Couture & Toupin (2019, 2319) sollten wir daher untersuchen, was durch divergierende Normen und Werte zu gewinnen und zu verlieren ist. Dem nachgehend folgt dieser Beitrag der Frage: “Wie beeinflusst digitale Souveränität Stadtplanung und -entwicklung?” aus einer planungtheoretischen Perspektive und anhand von Beispielen aus Hamburg.

Planung spiegelt gegenwärtigen Wandel und Herausforderungen im gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und technologischen Bereich, der die Gesellschaft und den Lebensraum beeinflusst, und “Planungstheorie ist von zentraler Bedeutung für das Verständnis, wie Planung und ihre Praktiken sowohl funktionieren als auch sich entwickeln” (Gunder, Mandanipour & Watson 2017, 1). Andererseits wird laut Potts (2020) die Planung selbst, d. h. ihre Ontologien, Epistemologien und Methoden, durch die digitale Transformation verändert. Dieser Beitrag nutzt die theoretische Linse der Planungskulturen (Young & Stephenson 2016; Othengrafen & Reimer 2013; Knieling & Othengrafen 2015), um anhand von Beispielen aus Hamburg darzustellen, wie die divergierenden Werte, Überzeugungen und Normen hinter dem Begriff der digitalen Souveränität, die von Regierungen und sozialen Bewegungen verwendet werden, in Planungsartefakte und somit Infrastrukturen übersetzt werden und dadurch Stadtentwicklung und Planung beeinflussen.