Entgrenzung und Begrenzung: Nähe und Distanz in Multispezieslebenswelten
Abstract
Multispezieslebenswelten existieren in den verschiedensten Formen und Intensitäten: bewusst und unbewusst, gewählt und forciert, friedlich und konfliktbehaftet. Dabei beeinflussen die Interspeziesbegegnungen zugeschriebenen Räume nicht nur die Art der Beziehungen zwischen menschlichen und nichtmenschlichen Tieren, sondern bestehende Beziehungen – und ihre gesellschaftlichen Konstruktionen — gestalten wiederum auch eben diese Räume. Speziesübergreifende Kohabitationen jeder Art erfordern dabei einen intensiven Aushandlungsprozess von Identitäten, Lebensräumen und –Bedingungen sowie Verhältnissen von Nähe und Distanz. Während im Alltag der Stadt Interspezies-Begegnungen mit dem tierlichen Anderen kontinuierlich neu verhandelt werden, existieren darüber hinaus bewusst geschaffene Begegnungsräume sowohl auf privater Ebene wie der Haustierhaltung als auch darüber hinaus eigens dafür geschaffener Räume wie z.B. Zoos oder Auffangstationen.
Die Studie verschiedener Begegnungssituationen und Multispeziesräume am Beispiel privater Tierhaltungen sowie im Kontext einer Auffangstation zeigt, dass innerhalb der äußeren Einflüsse sowohl metaphorisch wie räumlich Nähe und Distanz auf verschiedenen Interaktionsebenen eine entscheidende Rolle spielen. Dabei steht keineswegs allein die Distanzüberschreitung im Vordergrund, sondern vielmehr die Generierung eines, verschiedene Bedürfnisse integrierenden, Gleichgewichts. Mit einer bewussten Entgrenzung von Mensch-Tier-Lebenswelten müssen daher neue Rahmenstrukturen und Interaktionsstrategien entwickelt werden, welche sich explizit insbesondere auch mit der Thematik der Grenzsetzung auseinandersetzen.