ESG: Nachhaltigkeit und die räumlichen Wirkungen auf die Immobilienwirtschaft

Vortrag
Sitzungstermin
Donnerstag (21. September 2023), 09:00–10:30
Sitzungsraum
HZ 14
Autor*innen
Thomas Beyerle (Catella Property Valuation GmbH)
Kurz­be­schreib­ung
Der überblicksartige Beitrag gibt aus der Perspektive der Immobilienbranche eine Einführung in das Thema ESG (Environment, Social, Governance). Zwar schreibt der Sustainable Finance Action Plan der EU verbindliche Kriterien z. B. für Immobilienfonds vor, die sich als "grün", ESG-konform oder nachhaltig bezeichnen wollen, aber vieles ist noch diffus. Zugleich wird dieses aktuelle Thema in Kreisen der Hochschulgeographie bislang nur wenig beachtet.

Abstract

ESG und Geographie passen zusammen, doch die Wirkungskette wird erst allmählich klar. Zu „neu“ sind die magischen drei Buchstaben für die Vertretenden der Nachhaltigkeitsbewegungen, zu „isoliert“ das Denken der Geographie zwischen Anthropo- und physischer Geographie. Das Scharnier zwischen beiden ist der ebenso voranschreitende wie vielzitierte Klimawandel, denn auch der Immobiliensektor verfolgt Nachhaltigkeitsziele. Die konkreten Themenbereiche, Herausforderungen und Umsetzungswege sind Inhalt dieses überblicksartigen Beitrags aus der Perspektive der Immobilienwirtschaft und vor dem Hintergrund der Raumrelevanz.

Die Aspekte zu E, S & G werden im Beitrag auf die konkrete Handlungs- und Messbarkeitsebene heruntergebrochen, um das Verständnis aus der Branchen-externen Sicht zu erleichtern.

E - Environment: Immobilien auf der Objektebene

Die Energieverbräuche der allermeisten Gebäude entsprechen nicht mehr den aktuellen Anforderungen. Die gängigen Gebäude-Zertifikate leisten zur Energieeffizienz und CO2-Vermeidung nur einen sehr kleinen Beitrag, wie die Immobilienbranche sich mittlerweile eingestehen muss. Das Thema „Grüner Beton“ ist noch im Forschungsstadium und auch der aktuelle „Run auf die Holzhybridbauweise“ lässt keine wirkliche Skalierung einer CO2-Reduktion im Gebäudebestand zu. Deshalb ist es nicht möglich, den Objekten lediglich „ein Preisschild umzuhängen” und darauf zu warten, dass der Immobilienmarkt die Regulation übernimmt.

Die Gebäude müssen auch den Menschen gerecht werden, die sie nutzen oder in ihrem Umfeld leben, arbeiten, sich versorgen oder ihren Freizeitbeschäftigungen nachgehen. Insbesondere mit Blick auf die vielfältigen urbanen Räume und vor allem den ländlichen Raum ist hier noch vieles unklar. Somit sind wir bei:

S - Social: Menschen in Städten und Gebäuden

Hier sei beispielhaft das Phänomen der sogenannten Hitzeinseln erwähnt. Es beschreibt die Differenz der Lufttemperatur zwischen städtischen Flächen und dem weniger urbanen Umland, welche bis zu 10 °C betragen kann. Dieser Effekt ist deshalb von Belang, weil aktuell in Europa rund 75 % der Menschen in städtischen Umgebungen wohnen und arbeiten. Hinzu kommt, dass versiegelte Flächen Wärme speichern und somit ein wesentlicher Grund für Hitzeinseln sind, weshalb die Erhöhung des Grünflächenanteils um 10 % zu einer Reduktion der Temperatur an Sommertagen um ca. 3 °C führen kann.

Die Immobilienbranche muss sich daher stärker in stadtgeographische bzw. Planungsprozesse einbringen, um dem Gesamtkontext gerecht zu werden. Dies leitet über zu:

G - Governance: Gesellschaft und Regulierung

Spätestens hier wird klar, dass war die Zielvorgaben spezifisch definiert sind (1,5-Grad-Ziel), aber trotz der Aktualität im ESG-Kontext auf der Ebene der EU-Taxonomie – und damit relevant für Immobilieninvestoren – noch vieles diffus ist. Es folgen die EU-Offenlegungsverordnung und der EU-Aktionsplan Sustainable Finance, aber viel muss noch geklärt werden.