Fahrradverkehr als Teil einer kleinstädtischen Verkehrswende
Abstract
Im BMBF-Projekt „ISDN“ (2021-24, Integrierte Strategie für Daseinsvorsorge und Nachhaltigkeit) probieren die Universität Kassel und die thüringische Stadt Schmölln gemeinsam aus, wie auf Basis des etablierten Planungsinstruments ISEK (z.B. im §171b formalisiert, aber auch in den jährlichen VV Städtebauförderung verankert) eine solche ISDN als Konzept einer nachhaltigen kommunalen Stadtentwicklungspolitik entstehen kann. Teil dieses Prozesses ist ein Reallabor zur Etablierung einer Radverkehrsroute von der Kernstadt über ein randständiges Geschosswohnungsbaugebiet und an Schulen und sozialen Einrichtungen vorbei in ein nahegelegenes Gewerbegebiet. Dabei sollen „Meter für Meter“ die unterschiedlichen Handlungserfordernisse ermittelt und konzertiert Maßnahmen eingeleitet werden – von verkehrssicherungsbezogenen Anordnungen und temporären Pop-Up-Strukturen bis hin zu kleinteiligen Umbaumaßnahmen (kommunaler Tiefbau) und umfassenderen Aus- und Umbaumaßnahmen (z.B. wenige 100m neuer Radweg außerhalb des bebauten Zusammenhangs oder umweltschonende Beleuchtung auf wenigen 100m Weg im Naturraum) unterschiedlicher Verwaltungsressorts und –ebenen. Ziel ist es, aus teilweise fragmentierten örtlichen Einzelmaßnahmen einen Raumzusammenhang entlang einer Route zu kreieren.
Diese Einzelfallprüfung entlang einer alltagsmobil relevanten Route in Schmölln soll durch die Übertragung auf die flächengroße Stadt Einbeck auf ihre Skalierbarkeit als verallgemeinerbares kommunales Planungsinstrument geprüft werden – um so einen Beitrag zur besseren kommunalen Handlungsfähigkeit und zur Beschleunigung der Mobilitätswende in der Fläche geleistet werden. Ziel der anwendungsorientierten Forschung ist es, eine kommunal gesteuerte Governance-Struktur zu entwickeln, welche lokale Lösungen auf Basis innovierter planungsmethodischer Standards ermöglicht. Dafür eignet sich Einbeck in besonderem Maße, da hier die Lage des „Hauptbahnhofs“ im Ortsteil Salzderhelden, die Verortung großer Schul- und Gewerbestandorte am Rand der Innenstadt und eine erkleckliche Anzahl dörflicher Ortsteile zu unterschiedlichen alltagsrelevanten Routen führt. Es reicht also nicht (wie im Testfall Schmölln), entlang einer einzelnen Route zu agieren - Einzelmaßnahmen müssen ein Netz werden!
Durch die Fokussierung auf den alltäglichen, innergemeindlichen Radverkehr gelingt es, nicht nur „rein“ verkehrsplanerisch die Routen zu entwickeln, sondern aus dem Alltag kommunalen Agierens lässt sich leicht das Wissen generieren, welche sozialen Schichten, Milieus und Altersgruppen welche lokalen Mobilitätsbedürfnisse haben. Ziel der Governance-Orientierung ist es also, das „Alltagswissen“ der Gemeinde nutzbar zu machen (was sich am BMBF-Beispiel Schmölln nachweisen lässt). Der konsequent kommunale Ansatz einer bundesweit übertragbaren lokalen Governance ermöglicht, innovativ und letztendlich im räumlichen Sinne zielorientiert (entlang der Routen, wo es im Alltag gebraucht wird) den Radverkehr in der Fläche zu stärken.