Globale Verbreitung der traditionellen chinesischen Medizin: Strategie für mehr Soft Power?

Abstract

Unter Xi Jinping wurde in den letzten 10 Jahren die globale Verbreitung der traditionellen chinesischen Medizin, insbesondere im Rahmen der neuen Seidenstraße, stark vorangetrieben. Die chinesischen Strategiepapiere verkünden verblüffend offen die Motivation hinter dieser Initiative: China will seine Soft Power ausbauen, also seine Attraktivität steigern, um dadurch politisch an Einfluss zu gewinnen. Das Konzept der Soft Power geht auf Joseph Nye zurück, der damit eine Abgrenzung zur Hard Power, dem ökonomischen und militärischen Aspekt von Macht, etabliert hat. Chinas rasanter ökonomischer sowie militärischer Aufstieg, seine wachsende Hard Power, wird aus westlicher Perspektive oft als Bedrohung wahrgenommen. Die chinesische Regierung hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesem Bedrohungsnarrativ etwas entgegenzusetzen.

Um das Ansehen und die Attraktivität Chinas zu steigern, setzt sie dabei insbesondere auf die Verbreitung des reichen kulturellen Erbes des Landes. Die globale Förderung der traditionellen chinesischen Medizin erfüllt dabei mehrere Zwecke. Sie zielt darauf ab (1) eine Darstellung Chinas als verantwortungsvolle Großmacht zu ermöglichen; (2) global Anerkennung für chinesisches Wissen zu erhalten; (3) die Gesundheitsversorgung entlang der Seidenstraße zu verbessern, und damit die Voraussetzung für ökonomische Entwicklung zu schaffen; (4) eine Alternative zur westlichen Medizin und dem westlichen Entwicklungsmodell insgesamt aufzuzeigen; sowie (5) von der wachsenden TCM-Industrie ökonomisch zu profitieren. Mein Vortrag, der auf den Ergebnissen meiner Masterarbeit beruht, beleuchtet diese bislang kaum erforschte chinesische Soft Power Strategie im Kontext der sich verschiebenden globalen Machtverhältnisse.