Governance lokaler Anpassung an den Klimawandel in der Schweiz
Abstract
Bisher gibt es wenig systematische Erkenntnisse und Austausch dazu, wie Klimaanpassung auf lokaler und regionaler Ebene realisiert wird und welche Konzepte und Erkenntnisse dafür handlungsleitend sind. Daher diskutieren wir in diesem Beitrag die lokale Praxis der Anpassung an den Klimawandel. Unser Fokus liegt dabei konzeptionell auf der Policy- und Governance-Forschung und empirisch auf den kommunal orientierten Aktivitäten zur Anpassung an den Klimawandel in der Schweiz.
Vor gut 10 Jahren ist Klimawandelanpassung auf der politischen Agenda der Schweiz erschienen. Basierend auf zahlreichen klimabezogenen Wissensgrundlagen und beginnend mit der Strategie des Bundesrates zur Anpassung an den Klimawandel (2012) hat sich die Governance der Klimawandelanpassung immer weiter differenziert. Während viele Aktivitäten zur Klimawandelanpassung auf Ebene des Bundes stattfinden (u.a. Aktionspläne zur Umsetzung der Anpassungsstrategie 2014–2019, 2020–2025; Analyse klimabedingter Risiken und Chancen; Controlling und Evaluation), sind die Kantone und Gemeinden weniger aktiv. Zentral für regionale und lokale Aktivitäten war bisher das Pilotprogramm «Anpassung an den Klimawandel» (2013–2017, 2018–2022), das beispielhafte, innovative Vorhaben der Kantone, Regionen, Städte und Gemeinden unterstützt. Neben diesen Aktivitäten rund um die Anpassungsstrategie des Bundes sind weitere Aktivitäten anpassungsrelevant, die nicht explizit als Anpassung bezeichnet werden («hidden adaptation»): u.a. das Naturgefahrenmanagement und ressourcen- und wetterabhängige Handlungsfelder wie Land- und Forstwirtschaft, Tourismus oder Raumplanung.
Die Governance lokaler Klimawandelanpassung in der Schweiz ist bisher stark von übergeordneten Strategien und Konzepten des Bundes und der Kantone geprägt. Wir können von einer Multilevel-Governance-Struktur sprechen, die in Grundzügen und zumindest zu Beginn stark top-down ausgerichtet war und sich immer mehr zu netzwerkartigen oder polyzentralen Governance-Strukturen verändert. Aufgrund fehlender rechtlicher Verpflichtung ist Klimawandelanpassung jedoch noch nicht Standard im Verwaltungsalltag von Städten und Regionen. Um zu verstehen, wie die Governance lokaler Klimawandelanpassung genau funktioniert und bisher nur punktuell Fortschritte macht, präsentieren wir die Ergebnisse von zwei empirischen Studien. Zum einen zeigen wir, mit welchen Mainstreaming-Strategien Klimawandelanpassung in andere Politikfelder integriert wird. Zum anderen zeigen wir auf Basis einer Qualitative Comparative Analysis von 21 Gemeinden im Berggebiet, welche Faktoren dazu führen, dass Gemeinden Massnahmen ergreifen, um sich an die Auswirkungen des Klimawandels anzupassen. Unsere Ergebnisse zeigen u.a., dass auf lokaler Ebene die Schnittstelle von Klimawandelanpassung und Naturgefahrenmanagement sowie der aktuell wahrgenommene Handlungsdruck zentral dafür sind, ob Anpassungsmassnahmen ergriffen werden.