Handelsgeografie und neue Datenquellen: Vertiefende Erkenntnisse für die Innenstadt

Vortrag
Sitzungstermin
Donnerstag (21. September 2023), 16:30–18:00
Sitzungsraum
SH 2.105
Autor*innen
Julian Aengenvoort (hystreet.com GmbH)
Kurz­be­schreib­ung
Der Einsatz neuer Datenquellen in der Wissenschaft, wie digitale Passantenfrequenzen, steht noch am Anfang. Diese und weitere agilere Datensätze sollten standardisierter in der Forschung eingesetzt werden, um zum Wohle der Innenstadtentwicklung eine erfolgreiche Innenstadtsteuerung zu ermöglichen.

Abstract

Mit dem wachsenden Einfluss des Online-Handels, der Digitalisierung und dem Klimawandel wirken schon länger verschiedene Megatrends auf die Nachfrageseite, um nur einige zu nennen. Diese sind dabei das Verhalten der Konsumierenden und in dessen Folge auch die Innenstädte in Deutschland wesentlich zu verändern.

Die Jahre 2020 bis 2022 standen im Zeichen der zunehmenden Krise der Innenstädte. Die einschränkenden Maßnahmen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie, der Krieg Russlands gegen die Ukraine und die damit einhergehende Inflation waren einschneidende Erlebnisse für viele Betriebe im Einzelhandel und sonstige in der Innenstadt angesiedelte Betriebe. Viele Konsumierende waren stark verunsichert und die Stimmung laut Stimmungsumfragen auf einem absoluten Tiefpunkt. Spätestens seitdem steht das Thema „Innenstadt“ mit all seinen Gesichtspunkten noch mehr im Fokus. Es wird mehr Personal zur Verfügung gestellt, Geld investiert und es werden Ideen zur Optimierung und der Erhaltung lebenswerter Städte entwickelt.

Ein offener Punkt, auf den viele Beteiligte immer wieder in ihrer Arbeit stoßen, ist es, die Konsumierenden und deren Verhalten besser zu verstehen. Einzelne Studien zum Thema Zukunft der Innenstadt sind vorhanden, kommen aber insbesondere vor dem Hintergrund der Schnelligkeit der Krisenabfolgen an ihre Grenzen - aufgrund der benötigten Dauer der Durchführung von Studien auf der einen und der agilen Verhaltensweisen von Menschen auf der anderen Seite.

Insofern ist die Frage, inwiefern weitere, neuartige Datenquellen einen standardisierten Einsatz für die Forschung erfahren können. Eine wichtige Datenquelle sind zum Beispiel digitale Passantenfrequenzdaten, wie sie das Unternehmen hystreet.com für fast 100 deutsche Innenstädte ganzjährig und in Echtzeit zur Verfügung stellt. Diese Datenquelle zeigt, wie während der Covid-19-Pandemie Menschen die Innenstädte während der Geschäftsschließungen mieden, sie aber auch die Innenstädte im Jahr 2022 wieder vermehrt besucht haben, trotz schlechtem Konsumklima und Rezessionsängsten. Das Jahr 2022 zeigt, wie groß die Lücke zwischen Erwartung in Befragungen und dem tatsächlichen Verhalten der Bevölkerung sein kann.

Hier könnten auch weitere Datenquellen helfen, um den Agierenden zum Wohle der Innenstadt zu helfen, die Erfolge und Nachhaltigkeit ihrer Aktionen messen zu können. Dabei können nicht nur weitere Massendatenquellen zum Einsatz kommen, sondern müssen auch neue, variablere und agilere Studienformate erfunden werden, um die Rückmeldung der Menschen einzufangen.

Es ist zu hoffen, dass innovative praxisorientierte Forschungsprojekte im Kontext der Geographischen Handelsforschung einen wichtigen Beitrag leisten können, um insbesondere das Verhalten der Konsumierenden besser zu verstehen. Dabei ist es entscheidend, mehr Daten zu Rate zu ziehen, den richtigen Einsatz von Daten zu berücksichtigen und vorhandene Daten kritisch zu prüfen, um aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen.