Kann interkommunale Zusammenarbeit aktiv durch die Raumordnung befördert werden?

Vortrag
Sitzungstermin
Freitag (22. September 2023), 14:30–16:00
Sitzungsraum
HZ 10
Autor*innen
Kurz­be­schreib­ung
Im Beitrag wird das analytische Framework institutionellen kollektiven Handels zur Untersuchung der Wirkung von Anreizen durch Landes- und Regionalpläne auf das Zustandekommen und Ergebnis interkommunaler Kooperation angewendet. Analysiert werden Beispiele der Stadt-Umland-Kooperation in den Politikfeldern der Bauland- und Wohnungspolitik.

Abstract

Die bedarfsgerechte Bereitstellung von bezahlbaren Wohnraum mit möglichst geringer Flächeninanspruchnahme stellt aktuell eine große kommunalpolitische Herausforderung in wachsenden Stadtregionen dar. Die vom Bundesinnenministerium initiierte Baulandkommission empfiehlt für angespannte regionale Wohnungsmärkte, die Raumordnung stärker auf regionale Wohnraumbedarfe auszurichten und durch intensivere interkommunale Zusammenarbeit eine verbesserte Koordination der Wohnbaulandentwicklung zu erreichen (Deutscher Verband 2019, 13). In diesem Beitrag thematisieren wir die Möglichkeiten, ob und wie die Landes- und Regionalplanung effektive Anreize für interkommunale Zusammenarbeit setzen kann. Unsere Analyse wird eingebettet in das Framework des institutionellen kollektiven Handels, das für die Analyse kollektiver Handlungsproblemen auf der lokalen Ebene für die USA entwickelt wurde (Feiock 2013), mittlerweile aber auch auf interkommunale Kooperationen in Europa angewendet wird. Das Framework soll um eine Mehrebenen-Perspektive erweitert werden, damit Einflüsse staatlicher Regulierung auf das Zustandekommen und den Output interkommunaler Kooperationen besser abgebildet und erklärt werden können (Youm u. Feiock 2019).

Da interkommunale Kooperation nicht gegen den Willen der Beteiligten zustande kommt, lassen sich verbindliche Vereinbarungen kaum auf hierarchischem Wege durch die Landes- oder Regionalplanung erzwingen. Entscheidungsfreiheit, individuelle Nutzenorientierung und gleichberechtigte Mitbestimmung müssen gewahrt bleiben, soll interkommunale Kooperation gelingen. Nichtsdestotrotz können sich verbindliche Regelsetzungen der übergeordneten Raumordnung förderlich auf das Ergebnis interkommunaler Zusammenarbeit auswirken. Wie sich kooperationsfreundliche Bedingungen durch ein Land schaffen lassen, ist in Deutschland aber noch ein entwicklungsfähiges Forschungsfeld. An konkreten Beispielen wird die Wechselwirkung von Regelsetzung durch die Raumordnung und Stadt-Umland-Kooperationen untersucht. Konkret soll herausgearbeitet werden, wie mit dem institutionellen Regeldesign in Landes- und Regionalplänen förderliche Rahmenbedingungen für das Zustandekommen interkommunaler Verbünde in der Bauland- und Wohnungspolitik etabliert werden können.

Deutscher Verband (Hrsg.). 2019. «Kommission „Nachhaltige Baulandmobilisierung und Bodenpolitik“ (Baulandkommission) - Handlungsempfehlungen und Dokumentation der Beratungen.». Berlin. Zugriff 10.3.2023. https://www.die wohnraumoffensive.de/fileadmin/user_upload/aktivitaeten/veroeffentlichungen/Dokumentation_BLKommission_bf.pdf.

Feiock, Richard. 2013. «The Institutional Collective Action Framework.» In Policy Studies Journal 41 (3): 397-425. doi.org/10.1111/psj.12023.

Youm, Jisun, Feiock, Richard C. 2019. «Interlocal collaboration and local climate protection.» In Local Government Studies 45 (6): 777-802. doi.org/10.1080/03003930.2019.1615464.