Kritische Infrastrukturen im Angesicht der ökologischen Krise(n): Das Beispiel des Verkehrssektors in Österreich
Abstract
Der geplante Beitrag beleuchtet das umkämpfte Feld der Infrastrukturpolitik am Beispiel des Verkehrssektors in Österreich und setzt dies in Bezug zu theoretischen Debatten über die Kritikalität von Infrastrukturen.
Durch Covid-19-Pandemie und den Krieg in der Ukraine, sowie die damit verbundene Energiekrise, haben Auseinandersetzungen um die gesellschaftliche Bedeutung von kritischen Infrastrukturen im Kontext sozial-ökologischer Krisen an Bedeutung gewonnen. Vor diesem Hintergrund diskutiert der Beitrag zunächst, die in der Infrastruktursoziologie seit längerem geführten Debatten um die Gründe solcher Kritikalitätszuschreibungen. Denn wie und warum bestimmten Infrastrukturen als „kritisch“ eingestuft werden, ist das Resultat von gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen, welche zeitlich- und räumlich kontextabhängig sind. Dies ist für die sozial-ökologischen Mobilitätswende relevant, da sich einflussreiche Akteur*innen im Feld auf jene Kritikalitätszuschreibungen (Kriegswichtigkeit, Lebenswichtigkeit, Systemrelevanz) beziehen und im Namen der Versorgungssicherheit der Bevölkerung den Ausbau fossiler Infrastrukturen fördern – eine Mobilitätswende auf diese Weise behindern. Klima(un)freundliches Verhalten wird jedoch zu einem großen Teil von mobilitätsinfrastrukturellen Konfigurationen ermöglicht bzw. restringiert, was auf individueller Ebene zu einem Verlust an Handlungsmacht (Agency) führt. Ob der Arbeitsweg mit öffentlichen Verkehrsmitteln erschlossen ist, lässt sich auf individueller Ebene schwer beeinflussen. In diesem Zusammenhang entstehen Konflikte und gesellschaftliche Bruchlinien, in der es zu einer vermeintlichen Gegenüberstellung der kurzfristigen Versorgungssicherheit der jetzigen Bevölkerung und der mittel- und langfristigen Versorgungssicherheit zukünftiger Generationen kommt.
Auf die theoretische Diskussion von Referenzgrößen für Kritikalitätszuschreibungen folgt eine empirische Analyse der politischen Ökonomie des Verkehrssektors in Österreich. Der Verkehrssektor in Österreich emittierte im Jahr 2019 rund 24 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente, was einem Anteil an den österreichischen Gesamtemissionen von 30% entspricht. Die strukturelle Abhängigkeit von fossilen Infrastrukturen im Mobilitätssektor soll im Zeitverlauf dargestellt und anhand konkreter Beispiele illustriert werden. Ein besonderes Augenmerk liegt darauf, inwiefern sich Akteur*innen auf die Kritikalität von Verkehrsinfrastrukturen und dem vermeintlichen Trade-Off zwischen der Versorgungssicherheit aktueller und der Versorgungssicherheit zukünftiger Generationen beziehen.
Die Grundlage dafür bildet eine ausführliche Dokumentenanalyse, sowie Expert*inneninterviews mit Aktivist*innen, Mitgliedern von Interessensvertretungen und politischen Akteur*innen. Das Ziel ist es, anhand eines konkreten Fallbeispiels ein besseres Verständnis der zentralen Referenzgrößen von Konflikten um die sozial-ökologische Mobilitätswende zu erlangen.