Levelling Up Great Britain: Raumpolitik in England seit 2010

Vortrag
Sitzungstermin
Mittwoch (20. September 2023), 11:00–12:30
Sitzungsraum
HZ 3
Autor*innen
Victoria Grau (Bauhaus-Universität Weimar)
Kurz­be­schreib­ung
Der Beitrag untersucht die Entwicklungen der Planungspolitik in England seit 2010 mit Schwerpunkt auf die Levelling-Up-Strategie Boris Johnsons.

Abstract

Der Beitrag stellt ein Narrativ vor, was die räumliche Planung gleichermaßen als Konsequenz und Instrument der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung interpretiert. Mit einer Gesamtschau von 1945 bis 2023 werden die Logiken liberal-konservativer und neoliberaler Entwicklungsansätze vorgestellt und auf ihre Kontinuität geprüft. Der Schwerpunkt des Beitrags liegt auf der Kontextualisierung der Planungspolitik seit 2010.

Geprägt durch die Industrialisierung und verstärkt durch die archipelisierte Raumpolitik seit den 70er Jahren haben sich regionale Disparitäten in Großbritannien kontinuierlich verschärft. Verzeichnete London im Haushaltsjahr 2019/20 einen Netto-Finanzüberschuss von 36 Milliarden Pfund, wies der Nordwesten Englands im gleichen Jahr ein Defizit von 23 Milliarden Pfund auf (The Economist 2022b).Auch die Lebenserwartung spiegelte die regionalen Disparitäten eindrücklich wider: in Glasgow lag die Lebenserwartung knapp zehn Jahre unter der Lebenserwartung in London (The Economist 2022a). Mit dem White Paper “Levelling Up the United Kingdom” veröffentlichte die Regierung Boris Johnsons 2022 einen Vorstoß, die Ungleichheiten strukturell anzugehen. Auch unter der Regierung Rishi Sunak wird die Levelling Up Strategie in modifizierter Form fortgeführt.

Levelling Up ist im Deutschen mit ‚Angleichung‘ zu übersetzen und zielt auf die Angleichung der Produktivität, Löhne, Beschäftigungsverhältnisse, Gesundheitszustände und in den schulischen Leistungen zwischen dem Süd-Osten und dem Rest des Landes (Michael Grove, UK Parliament - Commons Chamber 2022). In der britischen Presse wurde das Vorgehen Johnsons oftmals als Transformation oder Sozialdemokratisierung der konservativen Raumpolitik bezeichnet. Der Beitrag dekonstruiert diese Argumentation, indem er die verschiedenen Dimensionen von Levelling Up als Mittel der Wirtschaftsförderung, Reaktion auf den Brexit, Mittel der Demokratisierung und Wahlkampfinstrument offenlegt. Mit historischen Rückgriffen insbesondere auf die Politik der 1960er Jahre wird der Ansatz kritisch etwa bezüglich der Rolle der lokalen Bevölkerung, des Zentralstaats oder des interkommunalen Wettbewerbs kontextualisiert.

The Economist (2022a): »What is levelling up, Boris Johnson’s big idea?«, in: The Economist vom 31.01.2022, https://www.economist.com/the-economist-explains/2022/01/31/what-is-levelling-up-boris-johnsons-big-idea vom 14.04.2022.

— (2022b): »The British government’s “levelling up” plans are oddly old-fashioned«, in: The Economist vom 05.02.2022, https://www.economist.com/britain/2022/02/05/the-british-governments-levelling-up-plans-are-oddly-old-fashioned vom 14.04.2022.

UK Parliament - Commons Chamber (Hg.) (2022): Levelling Up. Debate House of Commons 02.02.2022, https://hansard.parliament.uk/Commons/2022-02-02/debates/8CA814BE-BC8E-4B88-A6BD-93A8E14C7128/details vom 22.04.2022.