Lokalpolitisches Ehrenamt im ländlichen Raum: Zur Funktionsweise und Zukunftsfähigkeit von Ortsteilvertretungen in Kleinstädten

Vortrag
Sitzungstermin
Mittwoch (20. September 2023), 09:00–10:30
Sitzungsraum
SH 0.106
Autor*innen
Christian Höcke (vhw – Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung e. V.)
Duncan Barahona (vhw - Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung e. V.)
Kurz­be­schreib­ung
Der Beitrag befasst sich mit der Funktionsweise und Zukunftsfähigkeit der kommunalpolitischen Vertretungsstrukturen von Ortsteilen kleiner Städte. Er knüpft dabei an Diskursen zu Gebiets- und Funktionalreformen, zu Engagement und Ehrenamt in ländlichen Räumen und an empirische Ergebnisse eines Modellvorhabens der Pilotphase Kleinstadtakademie an.

Abstract

Der Beitrag befasst sich mit der Funktionsweise und Zukunftsfähigkeit der ehrenamtlichen politischen Vertretungsstrukturen von Ortsteilen kleiner Städte. Im Fokus stehen dabei die Ergebnisse zweier qualitativer Fallstudien aus dem Jahr 2022. Hieraus ergeben sich Anknüpfungspunkte zu Diskursen um Gebiets- und Funktionalreformen der vergangenen Jahrzehnte sowie eine Diskussion über die vielfältigen Herausforderungen für das lokalpolitische Engagement und Ehrenamt im ländlichen Raum.

Die Folgen von Gebiets- und Funktionalreformen wurden in den vergangenen Jahren kontrovers behandelt: Während einerseits Effizienzgewinne auf der Verwaltungsebene hervorgehoben werden (vgl. Bogumil & Ebinger 2019), sprechen andere von politischen Kosten durch sinkende Wahlbeteiligung und den Verlust demokratischer Legitimität (vgl. Blesse & Rösel 2017). Für die Kommunen besteht vor diesem Hintergrund die Herausforderung, insbesondere peripher gelegene Ortsteile des Gemeindegebietes im kommunalpolitischen Prozess dauerhaft zu integrieren und Teilhabe der Bewohnerinnen und Bewohner in politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen zu ermöglichen.

Um die Belange der Ortsteile bei Fragen der lokalen Entwicklung zu erfassen und zu vertreten, sind in den Kommunalverfassungen der Länder ehrenamtliche Vertretungsstrukturen vorgesehen. Diese werden entweder von Einzelpersonen (z. B. sog. Ortsvorstehenden) oder von Gremien (Ortschaftsräten) ausgefüllt. Wie diese Ortsteilvertretungen funktionieren und welche Rolle sie für die Stärkung von Teilhabe und Beteiligung in den Kommunen spielen, wurde in einer vergleichenden Fallstudie durch Befragungen von Ortschaftsrät:innen in Wurzen (Sachsen) und Ortsvorsteher:innen in Bad Berleburg (Nordrhein-Westfahlen) im Jahr 2022 untersucht.

In der Untersuchung wurden Themen wie Motivation, Erwartungshaltung und Selbstwirksamkeit der Befragten, aber auch die Funktionsweise der Vertretungsstruktur im Hinblick auf Aufgabenerfüllung, Kommunikation & Zusammenarbeit mit Politik und Verwaltung exploriert.

Die Ergebnisse werden vergleichend vorgestellt und dabei in einen erweiterten Diskursrahmen über den Zustand und die Herausforderungen für das kommunalpolitische Ehrenamt im ländlichen Raum eingeordnet. So zeigen sich bei der Ausübung und Nachbesetzung der Ämter sowie der Aufgabenwahrnehmung und der damit verbundenen Selbstwirksamkeit der Ortschaftsvertretungen Schwierigkeiten, die sich auf die Zukunftsfähigkeit der Strukturen auswirken und auch in anderen Bereichen des ehrenamtlichen Engagements zu beobachten sind.

Quellen:

Bogumil, J./Elbinger, F. (2019): Verwaltungs(struktur)reformen in den Bundesländern. In: Veit, S./Reichard, C./Wewer, G. (Hrsg.): Handbuch zur Verwaltungsreform. Wiesbaden. S. 251–261

Blesse, S./Rösel, F. (2017): Gebietsreformen: Hoffnungen, Risiken und Alternativen. Ifo Working Paper No. 234. München.