[ABGESAGT] Parochiale Politiken: Überlegungen zu territorialen Vergemeinschaftungen

Vortrag
Sitzungstermin
Mittwoch (20. September 2023), 16:30–18:00
Sitzungsraum
HZ 12
Autor*innen
Anke Schwarz (TU Dresden)
Kurz­be­schreib­ung
Dieser Beitrag umreißt den Begriff des Parochialen und unterzieht das schließende Moment räumlicher Vergemeinschaftung einer kritischen Reflexion.

Abstract

Lokale Vergesellschaftungen werden oft als räumlich gelagerte Komplexe von Mikropolitiken analysiert und jüngst zunehmend auf ihr Verhältnis zur gesellschaftlichen Regression befragt. Ob in der Idee einer ontologischen Sicherheit des Zuhauses, dem Bild der ‚Europäischen Stadt‘ oder völkischen Ideologien – eine Homogenisierung nach innen bei gleichzeitiger Abgrenzung nach Außen erscheint als ein zentrales Charakteristikum solcher räumlicher Vergemeinschaftungen. Dieser Beitrag umreißt den Begriff des Parochialen und unterzieht dabei das schließende Moment räumlicher Vergemeinschaftung einer kritischen Reflexion. Parochiale Territorialisierungen definiere ich dabei als Prozesse raumbezogener und raumproduzierender, nach innen gerichteter Vergemeinschaftung – gewissermaßen ein Gegenlager zu Masseys multiskalar situiertem, inklusivem „global sense of place“ (1994). Eine Wendung nach innen unter gleichzeitiger Exklusion eines ‚anderen‘ Außen kann, so mein Vorschlag, sowohl epistemologisch als auch physisch-materiell als ‚parochial‘ gelesen werden. Bauman hat das Regressive dieses parochialen Symptoms den „Kirchturminteressengruppen von gestern“ (2017a: 51) und einer nostalgisch verklärten Bewegung „zurück ans Stammesfeuer“ (2017b: 65) zugeschrieben. Jenseits aller Polemik wirft dies Fragen nach den durchaus umkämpften und widersprüchlichen Formen lokal verorteter Mikropolitik und den Bedingungen territorialer Subjektivierung auf. Hier lassen sich Parallelen zu kritischen Reflexionen über Lokalismen und Selbstreferenzialität in Projekten präfigurativer Politik ausloten. Mit Sörensen (2023) ist sie ein doppeltes Bildgebungsverfahren: Präfigurative Politik schafft ein Vor-Abbild utopischer Vergemeinschaftungen und dient zugleich der Vor-Bildung (neuer) Subjektivitäten im Dienste gesellschaftlicher Transformation. Dabei käme gerade einer Unmittelbarkeit des Hier und Jetzt ein edukativer, vor-bildender Charakter zu. Für die Politische Geographie schließt sich die Frage an, inwiefern solche räumlichen (oder mindestens latent raumbezogenen) Schließungen als Prozessen der Vergemeinschaftung inhärent gelten können, und an welcher Stelle ebendiese schließenden Momente der Vergemeinschaftung ins Regressive kippen.