Planungstheorie und Konflikte: Wie können agonistische und kommunikative Perspektiven helfen, Konflikte in vom Tagebau betroffenen Ortschaften zu verstehen, einzuordnen und zu bearbeiten?

Vortrag
Sitzungstermin
Mittwoch (20. September 2023), 16:30–18:00
Sitzungsraum
SH 1.105
Autor*innen
Kurz­be­schreib­ung
Ziel des Beitrags ist es, Konflikte in vom Tagebau Garzweiler betroffenen Ortschaften aus planungstheoretischer Perspektive zu analysieren und einzuordnen. Inwieweit können agonistische und kommunikative Planungstheorien dabei helfen, diese Konflikte zu bearbeiten?

Abstract

Der von Bund, Land NRW und RWE ausgehandelte, für 2030 terminierte Kohleausstieg im Rheinischen Revier hat zu großen Diskussionen geführt. Diese konzentrieren sich auf räumlicher Ebene auf die Ortschaften und Dörfer, die für den Braunkohleabbau umgesiedelt wurden bzw. im Rahmen einer nachhaltigeren Klimapolitik stehen bleiben (sollen). Die Dörfer werden damit zu lokalen Arenen des aktuellen politischen Streits um Energiesicherheit und Klimaschutz.

In diesem Kontext bewegt sich das transformative Forschungsprojekt „Zusammenhalt hoch Drei“, welches gemeinsam von der ILS Research, der Stadt Erkelenz und dem Zweckverband LANDFOLGE Garzweiler durchgeführt wird. Ziel ist es, in drei vom Tagebau Garzweiler –Tagebaurandort, Umsiedlungsort und doch-nicht-umgesiedelter Ort – betroffenen Ortschaften in Erkelenz den sozialen Zusammenhalt zu untersuchen und zu stärken. Der Projektantrag sah vor, zusammen mit den Bewohnerinnen und Bewohnern konstruktiv über die zukünftige Entwicklung nachzudenken und gemeinschaftliche Lösungen zu erarbeiten. Zahlreiche globale Krisenentwicklungen wie etwa der Klimawandel, die Folgen der Coronapandemie sowie der Ukrainekrieg und die damit verbundene Energiekrise führen zu Konflikten, mit denen die Projektbeteiligten umgehen müssen. Insbesondere die erneuerte Leitentscheidung hinsichtlich des Kohleausstiegs treibt die Konflikte weiter an, da sie für die Bewohnerinnen und Bewohner des Umsiedlungsstandort zu spät kommt – sie haben größtenteils ihre Heimatdörfer bereits verlassen und die Dorfgemeinschaften auseinandergerissen – und dadurch den Frust und die Unsicherheit zusätzlich verstärkt.

Der Beitrag analysiert die verschiedenen Konflikte aus planungstheoretischer Perspektive. Im Mittelpunkt stehen die Handlungsstrategien der involvierten Akteure (Bewohnerinnen und Bewohner, Aktivistinnen und Aktivisten, Stadtverwaltung etc.). Diese werden vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Auffassung agonistischer und kommunikativer Planungstheorien bezüglich der Frage eingeordnet, inwieweit bzw. ab wann Konflikte als produktiv angesehen werden können. Kommunikative Planungstheorien stellen die Konsensbildung in den Vordergrund, um möglichst für alle Beteiligte zufriedenstellende Entscheidungen zu finden. Agonistische Planungstheorien hingegen sehen in Konflikten eine produktive gesellschaftliche Kraft, die mittels verschiedener Formate gefördert werden sollten (Pløger 2004, Kühn 2021). Ziel des Beitrags ist es, die beiden theoretischen Stränge zusammenzuführen, um anhand dessen Lösungsvorschläge zur Bearbeitung der Konflikte zu unterbreiten.

Kühn, M. (2021). Agonistic planning theory revisited: The planner’s role in dealing with conflict. Planning Theory, 20(2), 143–156. https://doi.org/10.1177/1473095220953201

Pløger, J. (2004). Strife: Urban Planning and Agonism. Planning Theory, 3(1), 71–92. https://doi.org/10.1177/1473095204042318