(Post-)Migrantische Gastronomien als dynamisch-ambivalente Begegnungsorte der urbanen Migrationsgesellschaft

Vortrag
Sitzungstermin
Donnerstag (21. September 2023), 14:30–16:00
Sitzungsraum
HZ 4
Autor*innen
Maximilian Schrobenhauser (Universität Münster)
Petra Lütke (Universität Münster)
Kurz­be­schreib­ung
Dieser Beitrag widmet sich wandelnden Begegnungssituationen im Kontext von Migration, Gastronomie und Gentrifizierung. Der Fokus liegt auf der Wahrnehmung und Agency (post-)migrantischer Gastronom*innen in sich gentrifizierenden Stadtquartieren.

Abstract

(Post‑)Migrantische Gastronomien prägen urbane Wirklichkeiten und das Bild von Stadt: Migrantisch codierte Außenwerbekonzepte, der Geruch und Geschmack von Speisen und Getränken mit migrantischer Lesbarkeit, wie auch zwischenmenschliche Kontakte in migrantisch-diversen Foodscapes (Sbicca 2018, 2 ff.) sind integraler Bestandteil der urbanen Alltagserfahrung. Gleichzeitig stehen (post‑)migrantische Gastronomien als sichtbare Träger und Treiber vielfach unter einem hohen Anpassungsdruck, ausgelöst und vorangetrieben vor allem durch Prozesse der Gentrifizierung, wie zum Beispiel dem Influx neuer Konsument*innengruppen und damit einhergehenden Umwälzungen in Geschmack, Ästhetik, Ernährungstrends und Nutzung(szugang) (Zukin 2009, 48).

Unser Beitrag setzt an dieser Stelle an und beleuchtet über die Perspektive (post‑)migrantischer Gastronom*innen, wie sich Interaktionen und Materialitäten im Mikrokosmos migrantisch lesbarer Gastronomien verändern. Zentral ist hierbei der Fokus auf (post‑)migrantische Agency und die Frage, wie sich Begegnungsmomente im städtischen Umfeld und im Kontext der Gentrifizierung durch das Zusammenstehen von persönlichen Einstellungen, subjektiven Wahrnehmungen und unternehmerischen Imperativen transformieren und neu ausgehandelt werden.

Zur Beantwortung der Fragestellung wurden erste Feldforschungsarbeiten im Sinne einer Fokussierten Ethnographie (Knoblauch 2001) in unterschiedlichen Stadtquartieren mit vergleichbaren Migrationsvergangenheiten und Gentrifizierungsdynamiken durchgeführt. Den Interaktionen und Materialitäten (post‑)migrantischer Gastronomien wurde durch narrative Interviews, Fotografien, Kartierungen, teilnehmende Beobachtungen und autoethnographische Reflexionen nachgespürt. Der empirische Zugang ist bewusst multisensorisch-mehrperspektivisch gewählt und greift die Forderung auf, Migrations- und Gesellschaftsforschung sowie Gentrifizierungsprozesse stärker aufeinander zu beziehen und holistisch zusammenzudenken (Bojadzijev u. Römhild 2014, 11; Sakızlıoğlu u. Lees 2020, 3).

Literatur

Bojadzijev, Manuela. und Regina Römhild. 2014. «Was kommt nach dem „transnational turn“? Perspektiven für eine kritische Migrationsforschung.». In Vom Rand ins Zentrum: Perspektiven einer kritischen Migrationsforschung, hrsg. v. Labor Migration, 10–24. Berlin.

Knoblauch, Hubert. 2001. «Fokussierte Ethnographie: Soziologie, Ethnologie und die neue Welle der Ethnographie.» Sozialer Sinn 2 (1): 123–41.

Sakızlıoğlu, Bahar und Loretta Lees. 2020. «Commercial Gentrification, Ethnicity, and Social Mixedness: The Case of Javastraat, Indische Buurt, Amsterdam.» City & Community 19 (4): 870–89. doi:10.1111/cico.12451.

Sbicca, Joshua. 2018. «Food, Gentrification, and the Changing City.» Boleín Ecos 43: 1–7. Online verfügbar unter: https://mountainscholar.org/handle/10217/196640.

Zukin, Sharon. 2009. Naked City: The Death and Life of Authentic Urban Places. New York: Oxford University Press.