Räumliche Organisationsstrukturen und Standortanforderungen im deutschen Online-Lebensmitteleinzelhandel

Vortrag
Sitzungstermin
Donnerstag (21. September 2023), 14:30–16:00
Sitzungsraum
SH 2.105
Autor*innen
Sebastian Dederichs (Hochschule Fresenius)
Kurz­be­schreib­ung
Der Vortrag blickt auf die zunehmende Expansion des Online-Lebensmitteleinzelhandels in Deutschland und untersucht Veränderungen der räumlichen Organisationsstrukturen und Standortanforderungen beteiligter Akteure.
Schlag­wörter
Onlinehandel, Lebensmitteleinzelhandel, Online-Lebensmitteleinzelhandel, Standortanforderungen, Handelsgeographie

Abstract

Nach einer Reihe von nur wenig erfolgreichen Entwicklungsimpulsen in den 1990er Jahren ist der Online-Lebensmitteleinzelhandel inzwischen auch in Deutschland zu einem deutlich wachsenden Marktsegment avanciert. Die Expansion des Online-Lebensmitteleinzelhandel wurde dabei durch unterschiedliche technologische, gesellschaftliche, rechtliche sowie branchenspezifische Einflussfaktoren und zuletzt durch die Rahmenbedingungen der Covid-19-Pandemie begünstigt. Mit dieser Entwicklung gehen zahlreiche Implikationen einher, die sowohl Organisationsstrukturen von Handelsunternehmen verändern als auch maßgebliche Auswirkungen auf die Standortbedingungen von Logistik, Lagerinfrastruktur und Filialsystemen auslösen. So gehen aus dem deutschen Online-Lebensmitteleinzelhandel mittlerweile neue Betriebsformen und Vertriebsmodelle hervor, die im Rahmen des Vortrags anhand von ausgewählten Unternehmensbeispielen aus dem ergänzenden, reinen und kombinierten E-Commerce vorgestellt werden.

Um zu ergründen, warum eine Expansion des Online-Lebensmitteleinzelhandels heute im Gegensatz zu den 1990er Jahren begünstigt wird, werden die veränderten Einflussfaktoren soziotechnischer Regime mit Hilfe des theoretischen Ansatzes der Multi-Level-Perspektive von Geels 2002 aus dem Blickwinkel der Transitionsforschung analysiert. Darauf aufbauend wird anhand von Fallbeispielen untersucht, welche Charakteristika die neuen Betriebsformen aufweisen und welche veränderten Ansprüche diese an die Organisationsstruktur und die Standorte von Handelsunternehmen stellen.

Durch die Ergebnisse kann u.a. aufgezeigt werden, dass logistische Abläufe heute deutlich stärker in die Betriebsform integriert sind und intensiver mit dem Ort der Warenübergabe verschmelzen als dies bei konventionellen Betriebsformen der Fall ist. Der Online-Lebensmitteleinzelhandel führt somit zu einer größeren Hybridisierung des Lebensmitteleinkaufs, die auch Anforderungen der Unternehmen an Logistikstandorte verändert. Diese Veränderung betrifft in den meisten Fällen Standorte in urbanen Räumen, da sich der deutsche Online-Lebensmitteleinzelhandel in ländlichen Räumen bisher nicht umfassend entwickeln konnte wie in dicht besiedelten Bereichen. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen zudem, dass bisherige Betriebsformensystematiken nicht mehr ausreichen, um die komplexen Merkmale der neuen Betriebsformen und Vertriebsmodelle hinreichend abzubilden.