Ruraler Populismus: Konzeptionelle Ambiguitäten auf zwei Dimensionen

Vortrag
Sitzungstermin
Donnerstag (21. September 2023), 16:30–18:00
Sitzungsraum
SH 0.101
Autor*innen
Paul Nguyen (TU Dresden)
Kurz­be­schreib­ung
Der Beitrag beleuchtet Ambiguitäten von Populismus- und Ländlichkeitskonzeptionen im Kontext der Forschung zu ruralem Populismus.
Schlag­wörter
Ruraler Populismus, Ländliche Regionen, Politische Geographie

Abstract

Angesichts einer „ruralisation of populist parties“ (Mamonova und Franquesa 2020, 711), gewinnt ruraler Populismus als Forschungsgegenstand international zunehmend an Relevanz. Das Wechselspiel zwischen beiden Konzepten ist jedoch Ambiguitäten geprägt, die es bei der Auseinandersetzung mit ruralem Populismus zu berücksichtigen gilt.

Zum einen lassen sich im Hinblick auf Konzeptionalisierung von Populismus verschiedene Denkströmungen ausmachen: So kann Populismus z. B. als (dünne) Ideologie, Strategie, die dem Machterwerb und -erhalt dient, sowie Populismus als Diskurspraxis verstanden werden (vgl. Priester 2011). Populismus ist aber ebenfalls als mehrdimensionales graduelles Phänomen, welches sich aus einer ideologischen, kommunikativen und organisationalen Dimension zusammensetzt, begreifbar (vgl. Diehl 2022), das nicht zuletzt von einer Nachfrageseite und/oder Angebotsseite beleuchtet werden kann (vgl. Heinze 2022, 161–162).

Zum anderen ergeben für die Forschung zu ruralem Populismus Ambiguitäten in Bezug auf Konzeptionalisierung von Ruralität. Nebst Ansätzen, die Ländlichkeit als quantitativ erfassbar verstehen (z. B. Corradi 2021; Deppisch, Osigus und Klärner 2021), existieren Ansätze mit sozialkonstruktivistischen Elementen (Menke und Wulf 2021), wobei Konzeptionen wie Ländlichkeit als Praktik(en) bisher unberücksichtigt scheinen. Auch eine Trennung von agrarischen und ruralen Elementen ist erforderlich (vgl. Mamonova und Franquesa 2020).

Der Beitrag möchte die verschiedenen Populismus- und Ländlichkeitskonzeptionen, ihre Stärken und Schwächen sowie daraus folgende Implikationen für die Forschung zu ruralem Populismus beleuchten.

Literatur

Corradi, Valerio. 2021. Right‐Wing Rural Populisms: Comparative Analysis of Two European Regions. Rural Sociology 0, Nr. 0: 1–18. doi:10.1111/ruso.12396.

Deppisch, Larissa, Torsten Osigus und Andreas Klärner. 2021. How Rural is Rural Populism? On the Spatial Understanding of Rurality for Analyses of Right‐wing Populist Election Success in Germany. Early View. Rural Sociology 0, Nr. 0: 1–23. doi:10.1111/ruso.12397.

Diehl, Paula. 2022. For a Complex Concept of Populism. Polity 54, Nr. 3: 509–518. doi:10.1086/720076.

Heinze, Anna-Sophie. 2022. Zwischen Etablierung und Mainstreaming: Zum Stand der Forschung zu Populismus und Rechtsradikalismus. Zeitschrift für Vergleichende Politikwissenschaft 16, Nr. 1: 161–175. doi:10.1007/s12286-022-00517-9.

Mamonova, Natalia und Jaume Franquesa. 2020. Populism, Neoliberalism and Agrarian Movements in Europe. Understanding Rural Support for Right‐Wing Politics and Looking for Progressive Solutions. Sociologia Ruralis 60, Nr. 4: 710–731. doi:10.1111/soru.12291.

Menke, Manuel und Tim Wulf. 2021. The Dark Side of Inspirational Pasts: An Investigation of Nostalgia in Right-Wing Populist Communication. Media and Communication 9, Nr. 2: 237–249.

Priester, Karin. 2011. Definitionen und Typologien des Populismus. Soziale Welt 62, Nr. 2: 185–198