Sinkende Einzelhandelsmieten in Innenstädten: Ausdruck der Krise oder Chance für Wiederbelebung?

Vortrag
Sitzungstermin
Donnerstag (21. September 2023), 16:30–18:00
Sitzungsraum
SH 2.105
Autor*innen
Kurz­be­schreib­ung
Im Mittelpunkt des Beitrags steht eine Analyse über die Entwicklungen der Einzelhandelsmieten und leerstehenden Ladenlokale in nordrhein-westfälischen Innenstädten. Darüber hinaus werden Handlungsoptionen beleuchtet, wie die Weichen in Richtung eines vielfältigen innerstädtischen Angebotes gestellt werden können.

Abstract

Sinkende Einzelhandelsmieten in den Toplagen, Leerstände an den Rändern der City und in innerstädtischen Einkaufszentren: Die krisenhafte Entwicklung des innerstädtischen Einzelhandels kann seit Jahren beobachtet werden, sie hat sich mit der Pandemie jedoch verschärft. Viele Gewerbemieter*innen haben Schwierigkeiten, ihre Mieten zu zahlen, sodass den Innenstädten ein nie dagewesener Leerstand droht, der Vermietende und Mietende gleichermaßen trifft und die Politik nach Lösungen zur Revitalisierung der Innenstädte suchen lässt.

Die gegenwärtigen innerstädtischen Prozesse werden für nordrhein-westfälische Gemeinden in dem Beitrag empirisch beleuchtet. Im Mittelpunkt der Analyse stehen die Entwicklungen der Einzelhandelsmieten zwischen 2016 und 2022 mit Datensätzen zu Angebotsmieten (Value-Marktdaten) und realen Marktmieten (Immobilienverband Deutschland). Die Auswertung erfolgt für unterschiedliche Stadtgrößenklassen und Innenstadtlagen für ca. 100 Städte aus Nordrhein-Westfalen und im Detail für fünf nordrhein-westfälische Kommunen. Erstmals seit Mitte der 1990er Jahre fallen mit Beginn der Coronapandemie die Einzelhandelsmieten in den A-Lagen nordrhein-westfälischer Großstädte sowie größerer Mittelstädte.

Ergänzend zu den Mietpreisen werden weitere Indikatoren in die Betrachtung einbezogen. Datenauswertungen zu Passant*innenfrequenzen helfen dabei, die Ergebnisse einzuordnen sowie Hinweise auf die Qualität der Innenstadtlagen zu liefern. Neben der Mietentwicklung bilden leerstehende innerstädtische Ladenlokale am besten die aktuelle Situation auf dem innerstädtischen Immobilienmarkt ab. Eine im Juni 2022 vom ILS durchgeführte Primärerhebung von leerstehenden Ladenlokalen in Erdgeschosslagen in fünf nordrhein-westfälischen Städten hat gezeigt, dass besonders viele Leerstände in den innerstädtischen Einkaufszentren und an den Rändern der Innenstadt zu finden sind.

Anpassungen der Mietverträge und eine damit verbundene Reduzierung der Miete könnten eine Strategie sein, neue vertikale Nutzungsmischungen und experimentelle Konzepte (z. B. Pop-up-Stores, kreative Zwischennutzungen) in die Innenstadt zu locken. Wir möchten daher in dem Beitrag neben den statistischen Analysen Handlungsoptionen herausarbeiten bzw. bestehende Prozesse beleuchten, wie in einem herausfordernden Umfeld die Weichen in Richtung eines vielfältigen innerstädtischen Angebotes gestellt werden können und welche Potenziale leerstehende Ladenlokale für neue Nutzungen bieten. Es sollen hierbei nähere Erkenntnisse dazu gewonnen werden, unter welchen Bedingungen und in welchen Konstellationen es tatsächlich gelingen kann, durch ein niedrigeres Mietpreisniveau den Weg für eine Wiederbelebung der Innenstädte zu bereiten.