Stellplatzsatzungen als Instrument zur Quartiersentwicklung
Abstract
Das Leitbild der autogerechten Stadt prägt viele Kommunen in Deutschland seit dessen Formulierung in den 1950er Jahren. Auch heute ist das private Automobil für viele Bürger*innen wichtiger Begleiter und Mobilitätsgarant, da alternative Verkehrsangebote, wie beispielsweise ein gut ausgebauter ÖPNV nur eingeschränkt verfügbar sind oder noch keine ausreichende gesellschaftliche Akzeptanz finden.
In den letzten Jahren hat ein Bewusstseinswandel in Bevölkerung, Politik und Verwaltung allerdings dazu geführt, die autozentrierte Planung und Gestaltung von Städten zu minimieren und rückzubauen. Doch wirken die besten Maßnahmen nicht, wenn nicht gleichzeitig die Notwendigkeit des privaten Automobilbesitzes für größere Teile der Bevölkerung, die nicht in urbanen Zentren wohnen, verringert wird.
Allzu oft entscheiden die Gegebenheiten am Wohnort und nicht die Einstellung der Bürger*innen, welche Form der Mobilität für tägliche Wege herangezogen wird. Bei vielen Neubauvorhaben der vergangenen Jahrzehnte wurden der ÖPNV und andere umweltverträglichere Alternativen wenig bedacht und nachträglich in Planungen integriert. Dies hatte allzu oft die Folge das erheblich mehr Pkw-Verkehr induziert wurde und der ÖPNV aufgrund ungünstiger Rahmenbedingungen wenig genutzt wird.
In Zeiten steigender Energie- und Transportkosten rückt nun ein Werkzeug der kommunalen Selbstverwaltung in den Fokus, welches schon bei der Planung von Bauvorhaben die künftige Mobilität der Bewohner*innen beeinflussen kann.
Kommunale Stellplatzsatzungen bieten Bauträgern interessante Modelle zur Reduktion von kostenintensiven Stellplätzen, wenn gleichzeitig alternative Mobilitätsangebote, die die zukünftigen Bewohner*innen zum Verzicht auf das eigene Automobil befähigen, bereitgestellt werden.
Auch die im Jahr 2020 verabschiedete novellierte Stellplatzsatzung der Landeshauptstadt Mainz eröffnet Bauträgern die Möglichkeit, die Anzahl an gesetzlich vorgeschriebenen PKW-Stellplätzen zu reduzieren. Durch mobilitätsverbessernde Maßnahmen sowie qualifizierte Mobilitätskonzepte lassen sich Herstellungskosten für Parkplätze und Stellplatzablösen (Opportunitätskosten) senken.
Wir als KIM GmbH wurden beauftragt,
- Transparenz über Stellplatzbedarfe und Einsparmöglichkeiten gemäß der Stellplatzsatzung der Landeshauptstadt Mainz herzustellen
- wirtschaftliche Potentiale für mobilitätsverbessernde Maßnahmen (Opportunitätskosten) bezogen auf konkrete Bauvorhaben zu erheben
- einen Standard für qualifizierte Mobilitätskonzepte in Abstimmung mit der Stadt Mainz zu erarbeiten
- ein Paket für multimodale Mobilitätsangebote und weitere Maßnahmen des Mobilitätsmanagements zu konzipieren, das – angepasst auf das jeweilige Vorhaben – erwartbar den Stellplatzbedarf senkt.
Im Rahmen der Fachsitzung wollen wir am Beispiel von Mainz einen Einblick in gelebte Praxis deutscher Kommunen geben und auch auf Herausforderungen im Aushandlungsprozess zwischen Öffentlichkeit, Verwaltung und Investoren hinweisen.