Textkomplexität von digitalen Lehrwerktexten im Fach Geographie: Ergebnisse einer qualitativen Inhaltsanalyse und theoretische Einordnung aus Sicht der Lesedidaktik

Vortrag
Sitzungstermin
Mittwoch (20. September 2023), 09:00–10:30
Sitzungsraum
SH 2.109
Autor*innen
Eva Bordin (Universität Siegen)
Kurz­be­schreib­ung
Geographische Lehrwerktexte bestehen aus multiplen, multimodalen und zunehmend auch digital(isiert)en Dokumenten. Der Vortrag stellt eine qualitative Inhaltsanalyse der Textkomplexität dreier Lehrwerke für die Einführungsphase in NRW und eine theoretische Verortung aus Sicht der Lesedidaktik vor.

Abstract

Eine Lesekompetenz für geographische Texte ist relevant für komplexe persönliche, berufliche und gesellschaftliche Lern‑, Lese- und Entscheidungsprozesse. Die Vermittlung einer solchen Materialauswertungskompetenz ist Aufgabe des Geographieunterrichts in der Sekundarstufe. Angebahnt wird diese fachspezifische Lesekompetenz durch die Arbeit mit Schulbuchdoppelseiten, die aus multiplen Dokumenten bestehen. Als solche stellen sie sehr hohe Anforderungen an die Kohärenzbildung der Lesenden. Zugleich fehlen kohärenzbildende Maßnahmen auf der Textseite weitestgehend. Dies erfordert spezifische didaktische Maßnahmen zur Unterstützung des Leseverstehens. Um solche Maßnahmen zielgerecht auswählen und einsetzen zu können, stellt sich die Frage, welche Faktoren der Textkomplexität in geographischen Lehrwerktexten ausschlaggebend sind. Diese Fragestellung soll aus vier Aspekten betrachtet werden:

  1. Während für andere Fächer bereits eine umfangreiche interdisziplinäre Forschungsgrundlage vorliegt, gibt es für das Fach Geographie nur vereinzelte computerlinguistische Analysen von linearen Texten (Berendes et al. 2018) sowie Inhaltsanalysen zu visuellen Texten (z.B. Trahorsch and Bláha 2020). Wichtige Erkenntnisse zum Leseprozess von geographischen Schulbuchdoppelseiten lassen sich jedoch aus der Eye-Tracking-Forschung von Behnke 2023 ziehen.

  2. Modelle des Leseverstehens von multiplen Texten, aber auch der Text-Bild-Integration geben einen theoretischen Einblick in diese Leseprozesse.

  3. Es ist davon auszugehen, dass Lehrwerke zunehmend in digital(isiert)er Form vorliegen werden. Durch das digitale Medium erhöht sich die Textkomplexität aufgrund der gesteigerten Anforderungen an die Aufmerksamkeitssteuerung nochmals.

  4. Als Teil des Projekts „Lesearrangements für digitale Lehrwerktexte im Fach Geographie“ wurde eine Qualitative Inhaltsanalyse zur Textkomplexität in drei digitalen Schulbüchern für das Fach Geographie in der Einführungsphase im Land NRW durchgeführt (n=224 Doppelseiten). Dabei wurden 12 Komplexitätsmarker auf den drei Ebenen Digitalität, multiple Dokumente und Kohärenz der Einzeltexte identifiziert und ausgewertet. Die Ergebnisse sowie mögliche didaktische Maßnahmen zum Umgang mit der Textkomplexität sollen im Vortrag vorgestellt und diskutiert werden.

    • Behnke, Yvonne. „Which Factors Influence Learners’ Visual Attention to Images in Geographic Learning Media?,” 2023.
    • Berendes, Karin, Sowmya Vajjala, Detmar Meurers, Doreen Bryant, Wolfgang Wagner, Maria Chinkina, und Ulrich Trautwein. „Reading demands in secondary school: Does the linguistic complexity of textbooks increase with grade level and the academic orientation of the school track?” Journal of Educational Psychology 110, Nr. 4 (2018): 518–43.
    • Trahorsch, Petr, und Jan D. Bláha. „Visual Representation of the Curriculum in Geography Textbooks.” 2020; IARTEM e-journal, Vol 11 No 2 (2019).