Transformation und kommunaler Klimaschutz: Zwischen ökologischer Modernisierung und Individualisierung der Suffizienz

Vortrag
Sitzungstermin
Mittwoch (20. September 2023), 11:00–12:30
Sitzungsraum
HZ 13
Autor*innen
Kurz­be­schreib­ung
Der Beitrag verdeutlicht das Vorherrschen ökomoderner Logiken im kommunalen Klimaschutz und die Notwendigkeit eines sozial-ökologisch transformativen Klimaschutzansatzes – letzterer unterstützt u.a. suffizienzorientierte Lebens- und Wirtschaftsweisen durch planerische Instrumente.

Abstract

Der Status Quo im kommunalen Klimaschutz erweckt den Anschein, dass die Klimakrise maßgeblich durch technologische Anpassungen und losgelöst von anderen Krisen bewältigt werden kann. Die Notwendigkeit einer sozial-ökologischen Transformation und der strukturellen Förderung von nachhaltigen Wirtschafts- und Lebensweisen im Sinne der Suffizienz bleibt weitgehend ungeachtet. Gebäudesanierungen, Nahwärmenetze, Energiecontrolling oder Ladesäulen für E-Autos – ein Großteil kommunaler Klimaschutzmaßnahmen konzentriert sich auf die ökologische Modernisierung von Infrastrukturen.

Konturen einer strukturellen Förderung suffizienter Praktiken (Suffizienzpolitik) sind oftmals, wenn überhaupt, dem Mobilitätsbereich und bspw. der Förderung von Radverkehr und ÖPNV vorbehalten. Häufiger wird Suffizienz jedoch „individualisiert“ und maßgeblich im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit als Aufgabe freiwilliger, individueller Verhaltensänderungen kommuniziert. Praktische Alltagstipps zum Strom sparen, zur Vermeidung von Plastikmüll oder zu klimafreundlichen Ernährungsweisen sollen zu nachhaltigem Konsum motivieren. Systemische Wachstumszwänge und strukturelle Treiber nicht-nachhaltiger Lebens- und Wirtschaftsweisen bleiben weitgehend unangetastet.

Auf Basis qualitativer Interviews mit kommunalen Klimaschutzmanager*innen aus Gemeinde- und Kreisverwaltungen in Schleswig-Holstein möchte ich in meinem Beitrag zweierlei veranschaulichen: Zum einen werde ich das Vorherrschen ökomoderner Logiken im kommunalen Klimaschutz verdeutlichen und skizzieren, wie die Hegemonie des ökomodernen Wissensregimes in Kommunalverwaltungen strukturell reproduziert wird (bspw. durch Planungspraktiken, Fördermittelstrukturen und/oder Entscheidungsträger*innen). Zum anderen möchte ich mich für suffizienzorientierten Klimaschutz aussprechen, welcher über technologische Maßnahmen hinausgeht und suffiziente Lebens- und Wirtschaftsweisen strukturell fördert. Die Verantwortung für eine Veränderung von Praktiken im Sinne starker Nachhaltigkeit wird auf diese Weise nicht alleinig dem Individuum zugeschrieben, sondern planerisch und strukturell begünstigt - bspw. in Richtung flächensparender, gemeinschaftlicher Wohnformen oder kooperativen Formen des Wirtschaftens. Zuletzt möchte ich diskutieren, ob und unter welchen Bedingungen kommunale Klimaschutzmanager*innen als Katalysator*innen einer sozial-ökologischen Transformation in Kommunalverwaltungen betrachtet werden können.