Utopien, Anticipatory Competency und Hoffen auf eine positivere, nachhaltigere Zukunft in der Bildung für Nachhaltige Entwicklung

Vortrag
Sitzungstermin
Freitag (22. September 2023), 14:30–16:00
Sitzungsraum
SH 1.108
Autor*innen
Karin Oberauer (Universität Innsbruck)
Kurz­be­schreib­ung
In utopischem, antizipatorischem Denken, einhergehend mit Hoffnung liegt großes Potential für (Bildung für) Nachhaltige Entwicklung.
Schlag­wörter
Bildung für Nachhaltige Entwicklung, Anticipatory Competency, Hoffnung, Utopie,

Abstract

Die Vorstellung einer Welt, in der die in der Agenda 2030 formulierten Sustainable Development Goals (SDGs) erreicht sind, ist Ausdruck der Vision oder der Hoffnung auf eine positive und lebenswerte Zukunft. In dieser Welt gibt es beispielsweise keine Armut oder Hunger, die Menschen leben in nachhaltigen Städten und Gemeinden, wo gleichberechtigter Zugang zu Gesundheitsversorgung, hochwertiger Bildung, Wasser, bezahlbarer, sauberer Energie, gewährleistet ist. Dort gehen die Menschen einer menschenwürdigen Arbeit nach und kümmern sich in Frieden und gemeinsam um den Erhalt der gemeinsamen Lebensgrundlage. Die Erkenntnis dass das im neuen Bericht des Club of Rome „Earth for All“ skizzierte Szenario „too little to late“ zu sozial-ökologischem Kollaps, Überschreitung planetarer Grenzen, unkontrollierbaren Veränderungen ökologischer Systeme und Zusammenbruch sozio-kultureller Systemen führt, lassen die skizzierte, mutige Vorstellung einer positiven Zukunft unweigerlich als „utopisch“, nicht realisierbar erscheinen. Verstärkt wird dies durch die Tatsache, dass lediglich sieben Jahre für die Erreichung der hohen Ziele der Agenda 2030 bleiben.

Kann eine Utopie, also die Vorstellung eines Ortes, an dem Dinge in einem neuen Licht betrachten werden, die Menschen frei machen neu zu denken und zu handeln? Ein utopischer Impuls ist die Antwort auf eine reale, gegenwärtige Situation und erweckt das Bedürfnis nach etwas das noch nicht ist. Die Welt ist in einem konstanten Wandel, wodurch auch die Zukunft naturgemäß unbestimmt also ein Reich der positiven und negativen Möglichkeiten ist. Bereits heute sind beispielswiese die Folgen des globalen Klimawandels, unter anderem in Form von Extremwetterereignissen oder Meeresspiegelanstieg, spürbar. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass negative Zukunftsbilder, sozusagen Dystopien, im öffentlichen Diskurs vorherrschen. Andererseits können es diese dystopischen Visionen sein, die den Anstoß für Hoffnung auf eine positivere Zukunft geben. Sie lässt die Menschen für eine gemeinsame Zukunft kämpfen, aktiv werden und handeln, um neue Wege zu kreieren.

In der Bildung für Nachhaltige Entwicklung wird der Schlüssel zur Erreichung aller SDGs gesehen. Eine essentielle Aufgabe dieser Bildung ist es, Lernende zu befähigen sich positivere und nachhaltigere Zukünfte vorstellen zu können. Die sogenannte anticipatory competency, also die Kompetenz sich mögliche, wahrscheinliche und wünschenswerte Zukünfte vorzustellen und zu verstehen, weist eine deutliche Ähnlichkeit mit utopischem Denken auf. Im utopischen, antizipatorischen Denken, einhergehend mit Hoffnung als Anstoß für gemeinsames Handeln liegt nicht nur großes Potenzial für hochwertige Bildung, sondern weit darüber hinaus für eine Nachhaltige Entwicklung: „You can’t be what you can’t see“.