Visuelle Methoden in der Multilokalitätsforschung: Chancen und Risiken von Work-Life-Biographien und reflexiver Fotografie

Vortrag
Sitzungstermin
Donnerstag (21. September 2023), 16:30–18:00
Sitzungsraum
SH 1.105
Autor*innen
Lena Greinke (ARL - Akademie für Raumentwicklung in der Leibniz Gemeinschaft)
Kurz­be­schreib­ung
Der Beitrag untersucht berufsbedingte Multilokalität mit Hilfe von qualitativen Interviews und partizipativen visuellen Methoden: Work-Life-Biographien und reflexive Fotografie. Kombiniert werden zwei Fallstudien, die die Vor- und Nachteile des Einsatzes dieser Methoden in qualitativen Interviews zeigen.

Abstract

Dieser Beitrag untersucht arbeitsbedingte Multilokalität - also das Leben an mehreren Orten gleichzeitig aus beruflichen Gründen - mit Hilfe von qualitativen Interviews und partizipativen visuellen Methoden. Um den Multilokalen selbst die Möglichkeit zu geben, ihre komplexen Lebens- und Arbeitsarrangements durch ihre Erzählungen zu erläutern, wurden während der problemzentrierten, leitfadengestützten Interviews die visuellen Methoden Work-Life-Biographien und reflexive Fotografie eingesetzt.

Nach einer Einführung in den Forschungsstand zu berufsbedingten multilokalen Lebensweisen und den visuellen Methoden werden zwei deutsche Fallstudien, die eine in der Stadt Stuttgart in Baden-Württemberg, die andere im Landkreis Diepholz in Niedersachsen, beschrieben. Ziel dieses Beitrags ist es, den Wert des Einsatzes visueller Methoden zur Erforschung multilokaler Lebensformen herauszustellen. Die Forschungsfragen lauten:

(1) Welche (spezifischen) Elemente visualisieren multilokale Beschäftigte bei der Verwendung von Work-Life-Biographien und reflexiver Fotografie?

(2) Welche neuen Einblicke in multilokale Lebensarrangements liefern die beiden Methoden?

(3) Was sind die Vor- und Nachteile des Einsatzes dieser Methoden im Rahmen qualitativer Interviews?

Der Beitrag zeigt, dass Multilokale beim Einsatz der visuellen Methoden gemeinsame thematische Elemente verwenden: Zum Beispiel ähnliche Wörter, Zahlen, bestimmte Zeichen und Balken im Falle der Biografien und bestimmte Situationen, Personen und Objekte im Falle der Fotografien. Darüber hinaus ermöglichten beide Methoden neue Einblicke in multilokale Lebensarrangements, wie z. B. deren zeitliche und räumliche Dimensionen, das Wechselspiel zwischen Wohn- und Arbeitsarrangements im Laufe der Zeit sowie die Ortsbindung von Multilokalen. Der Einsatz visueller Methoden während qualitativer Interviews bot einen klaren Mehrwert bei der Untersuchung von Multilokalität, da sie einen geeigneten Intervieweinstieg schufen, gesprochene Aussagen verstärkten oder die Diskussion sensibler Themen erleichterten.

Partizipative visuelle Methoden können zur Erforschung einer Reihe von Themen in qualitativen Studien eingesetzt werden, die sich mit Teilnehmenden in komplexen Situationen befassen. Insbesondere bei Studien zur Multilokalität können visuelle Methoden von Vorteil sein, um eine Kombination aus räumlichem und zeitlichem Denken anzuregen und zu thematisieren.