Von flexiblen zu situierten Geographien: Konzeptualisierung von Innovation und experimentellen Arbeitsprozessen

Vortrag
Sitzungstermin
Donnerstag (21. September 2023), 16:30–18:00
Sitzungsraum
SH 3.107
Autor*innen
Bastian Lange (Universität Leipzig; Multiplicities Berlin)
Kurz­be­schreib­ung
Das Ziel des Beitrags besteht darin, "situierte Geographien" als heuristisches Konzept einzuführen, das es ermöglicht, "kollaborative Aktivitäten" (Spinuzzi, 2012) neuer Arbeitsformen aus einer sozialräumlichen Perspektive im Bereich „sozialer Innovation“ zu verstehen.
Schlag­wörter
Wirtschaftsgeographie, Soziale Innovation, Neue Arbeitsformen

Abstract

Titel: Von flexiblen zu situierten Geographien: Konzeptualisierung von Innovation und experimentellen Arbeitsprozessen

Das Ziel des Beitrags besteht darin, “situierte Geographien” als heuristisches Konzept einzuführen, das es ermöglicht, “kollaborative Aktivitäten” (Spinuzzi, 2012) neuer Arbeitsformen aus einer sozialräumlichen Perspektive im Bereich „sozialer Innovation“ zu verstehen.

In den letzten Jahren ist eine zunehmende starke (fach‑)öffentliche Aufmerksamkeit auf selbstorganisierte Arbeit außerhalb von Unternehmen und Organisationen festzustellen. Assoziierte flexible Arbeitsformen sind in verschiedenen kulturellen und wirtschaftlichen Sektoren (Kultur- und Kreativwirtschaft, Gig Economy, einfache Dienstleistungsformen im Gesundheitsbereich) sowie auch gesellschaftspolitischen Handlungsfeldern (Postwachstumspionieren) zunehmend sichtbar geworden. Dies löste rasch einen Prozess der Neubewertung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedeutung von selbständiger Arbeit aus. Die Digitalisierung und neue Gemeinschaften von Kulturschaffenden, Prosumenten und Hightech-Aficionados haben das frühere Bild von Arbeit, das ausschließlich an die erwerbswirtschaftliche Arbeitsformen gebunden war, erheblich verändert. Öffentliche und wissenschaftliche Diskurse über die sich verändernde Bedeutung von Arbeit haben begonnen, sich auf die Tatsache zu beziehen, dass ein zunehmender Anteil dieser Arbeit in Coworking Spaces (Akhavan et al., 2019), Makerspaces und Fablabs (Anderson, 2012; Hepp, 2020) geleistet wird. Obwohl diese Praktiken beherbergen, die manchmal denen der Kreativwirtschaft ähneln, z. B. die Arbeit in zeitlich begrenzten Projekten, unterscheiden sie sich erheblich von formalisierten Arbeitsmustern in Unternehmen oder Ein-Mann-Betrieben (vgl. Cnossen, 2018).

Hier stelle ich die zentrale Frage, wie wichtig der soziale Kontext und die situativen Formen des “Tuns” und der Zugehörigkeit für die Schaffung sich verändernder räumlicher Gegebenheiten sind. Letztendlich entwickelt dieser Beitrag einen Ausgangspunkt für zukünftige Theoriebausteine der situierten Geographien der Arbeit im Kontext der Debatte um soziale Innovation. Der Beitrag setzt sich daher kritisch mit Begriffen wie “Flexibilität” oder “Experimentierfreudigkeit” auseinander und gibt sie zugunsten von kontextsensitiveren Begriffen wie “situierte Innovation” auf (Dittrich, Eriksén, & Wessels, 2014; Janssen, Stoopendaal, & Putters, 2015). Eine solche Innovation muss als Ergebnis konkreter sozialer Beziehungen (z. B. der Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft) und zeitlicher Fixierungen theoretisiert werden, die sich aus dem “Arbeiten” in einem bestimmten sozialräumlichen Umfeld (z. B. einer Werkstatt oder einem Coworking Space) ergeben. Folglich überprüfe ich das Erklärungspotenzial des Begriffs der Situiertheit, indem ich ihn auf die individuelle und kollektive Wahl von Arbeitspraktiken und die Entstehung damit verbundener räumlicher Formen anwende.