Wasserkonflikte zu Staudämmen und Wasserkraftwerken: Ein globaler Überblick auf Grundlage einer neuen Datenbank

Vortrag
Sitzungstermin
Freitag (22. September 2023), 14:30–16:00
Sitzungsraum
SH 1.105
Autor*innen
Thomas Hennig (Philipps-Universität Marburg)
Kurz­be­schreib­ung
Der Vortrag basiert auf einer neuen und einzigartigen Datenbank zu globalen Staudämmen und Wasserkraftwerken. Auf dieser Grundlage bietet er einen raum-zeitlichen Überblick zu weltweiten Wasserkonflikten. Inhaltlich sind diese historisch, räumlich und nach unterschiedlichen Konfliktthemen strukturiert und visualisiert.
Schlag­wörter
Wasser, Staudämme, Konflikt, grenzüberschreitende Einzugsgebiete, Asien

Abstract

Die großen Flüsse dieser Welt waren für die Entwicklung der Menschheit von zentraler Bedeutung, sie sind auch heute wirtschaftlich und ökologisch lebenswichtig und stellen gleichzeitig einige der vielfältigsten Lebensräume der Erde dar. Seit Jahrtausenden greift der Mensch regulierend ein, dabei gehören Staudämme zu den folgenreichsten und schädlichsten anthropogenen Eingriffen in Flusseinzugsgebiete und ihre Ökosysteme.

Weltweit gibt es fast 60000 Großstaudämme (mindestens 15m Dammhöhe oder 3Mio m3 Stauvermögen), die wenigsten davon sind georeferenziert erfasst. Rechnerisch bedeutet dies, in den vergangenen 150 Jahren wurde täglich mindestens ein Großstaudamm fertiggestellt. Staudämme haben unterschiedlichste Funktionen, wichtig sind sie v.a. für die Bewässerung, für die Hydroenergieerzeugung, die Trinkwasserversorgung oder Wasserregulierung (v.a. Hochwasserschutz).

Für den Bau von Staudämmen wurden Millionen Menschen umgesiedelt und aus ihrem Lebensumfeld herausgerissen. Flüsse wurden massiv fragmentiert und reguliert, so gibt es heute nur noch wenige frei fließende Flüsse. Andererseits haben Staudämme und Wasserkraftwerke vielfältige und bedeutende soziale, ökonomische und energiepolitische Vorteile. Angesichts der vielen globalen Herausforderungen (z.B. Ernährungssicherung, emissionsarme Stromerzeugung, Speicherfunktion, Wassermanagement im Kontext des Klimawandels) nimmt die Bedeutung und der Bau von Staudämmen deshalb stetig zu.

In diesem Spannungsfeld gehören viele (besonders größere) Staudämme und Wasserkraftwerke zu den umkämpftesten Infrastrukturprojekten überhaupt. Das Konfliktpotential reicht von lokalen Spannungen bis hin zu global umstrittenen und z.T. stark umkämpften Projekten.

Um die Jahrtausendwende hat die von Weltbank und IUCN einberufene World Commission on Dams (WCD) sich sehr kritisch mit dem Nutzen und Schaden von Staudämmen beschäftigt. In ihrem kontrovers diskutierten Abschlussbericht wurden Richtlinien für den zukünftigen Bau entwickelt. Seitdem sind tausende Wasserkraftwerke und Staudämme neu gebaut wurden, die meisten in Entwicklungs- und Schwellenländern; nur die wenigsten Projekte sind systematisch erfasst. Doch wie auch vor dem WCD-Bericht sind auch weiterhin viele Staudämme und v.a. Wasserkraftwerke aus unterschiedlichsten Gründen umstritten und umkämpft. Diese Wasserkonflikte betreffen weltweit hunderte jüngst fertiggestellte Projekte, sowie Projekte im Bau oder in Planung, viele davon in grenzüberschreitenden Einzugsgebieten.

Basierend auf einer neuen und systematisch-einzigartigen Datenbank zu weltweiten Wasserkraftwerken und Staudämmen, möchte der Vortrag einen globalen raum-zeitlichen Überblick zu vielfältigen Wasserkonflikten geben. Diese sollen sowohl historisch, räumlich als auch inhaltlich (nach Konfliktthemen) strukturiert werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf einem aktuellen geographisch-gesellschaftspolitischen Überblick, dieser beinhaltet auch praktizierte Lösungsansätze.