Wege in die freiwillige Autofreiheit: Haushalte ohne Pkw als Pioniere der Mobilitätswende

Vortrag
Sitzungstermin
Freitag (22. September 2023), 11:00–12:30
Sitzungsraum
HZ 7
Autor*innen
Annika Herberg (RWTH Aachen)
Kurz­be­schreib­ung
Freiwillig autofreie Haushalte gelten aufgrund einer weniger autoabhängigen Mobilitätspraxis als Pioniere der Mobilitätswende. Im Vortrag werden vielseitige Wege in die freiwillige Autofreiheit sowie Chancen und Barrieren für ein autofreies Leben vorgestellt.

Abstract

Seit dem Beginn der Massenmotorisierung Ende der 1950er Jahre haben sich Alltagsmobilität und Lebensstile in Deutschland stark auf den privaten Pkw ausgerichtet. Die Vielzahl an negativen Effekten dieser Entwicklung macht nicht nur technische Lösungsansätze notwendig, sondern bedarf auch im Rahmen einer Mobilitätswende (Manderscheid 2020, 39-40) einer weniger autoabhängigen Mobilität.

Einen Gegenpol im System der Automobilität und Vorbilder für eine nachhaltige und weniger autoabhängige Mobilitätspraxis bilden Personen, die freiwillig ohne eigenes Auto leben und mit dem Fahrrad, ÖPNV, Leih-Pkw oder zu Fuß mobil sind. Diese Personen haben sich bewusst gegen den Besitz eines Autos entschieden und sehen sich nicht durch finanzielle, gesundheitliche oder andere Gründe dazu gezwungen. Die Mobilitätspraktiken autofreier Haushalte bilden das zentrale Untersuchungsthema meiner Dissertation. Als Untersuchungsraum dient die Stadt Aachen, die im Jahr 2013 als Stadt mit autoorientierter Mobilitätskultur typisiert wurde (Klinger, Kenworthy u. Lanzendorf 2013, 25), sowie Kommunen in ihrem Umland. Mithilfe qualitativer Methoden wird erörtert, inwiefern autofreie Lebensentwürfe in einem autoorientierten Umfeld möglich sind und praktiziert werden. Fokussiert werden dabei die Mobilitätspraktiken und anderen Alltagspraktiken der Mitglieder autofreier Haushalte sowie deren Mobilitätsbiographien und Motive der Autofreiheit. Zudem wird auf die Lebenslagen der Personen sowie die Eigenschaften und Voraussetzungen der Wohnstandorte eingegangen.

Im Vortrag werden die vielfältigen Wege der Interviewteilnehmenden in die freiwillige Autofreiheit aufgezeigt. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei einerseits auf dem (potenziellen) Wandel des Bewusstseins und der Mobilitätspraktiken. Andererseits werden die individuellen Chancen und Barrieren vorgestellt, die sich aus dem autofreien Leben in einem autoorientierten Umfeld ergeben können.

Literatur:

Manderscheid, Katharina. 2020. «Antriebs‑, Verkehrs- oder Mobilitätswende? Zur Elektrifizierung des Automobilitätsdispositivs.» In Baustelle Elektromobilität: Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf die Transformation der (Auto‑)Mobilität, hrsg. v. Achim Brunnengräber u. Tobias Haas, 37-68. Bielefeld: transcript Verlag.

Klinger, Thomas, Jeffrey R. Kenworthy und Martin Lanzendorf. 2013. «Dimensions of urban mobility cultures – a comparison of German cities.» Journal of Transport Geography 31: 18-29. doi:10.1016/j.jtrangeo.2013.05.002.