„Wir schließen Straßen, um sie zu öffnen!“: Ko-Produktion und sozial-ökologische Transformation im Quartier am Beispiel des Pilotprojekts „Neue Nähen – Leipziger SUPERBLOCKS“
Abstract
Straßenräume sind multifunktionelle Räume – sie sind Wegeverbindungen und Räume der Mobilität, aber sie spielen ebenso eine wichtige Rolle als Orte der Begegnung und sozialen Interaktion. In öffentlichen, planerischen und wissenschaftlichen Debatten wird der überdurchschnittliche Raumbedarf von Autos - ob nun stehend oder fahrend - immer häufiger in Frage gestellt.
Um die sozial-ökologische Transformation und die Verkehrswende vor Ort voranzubringen, muss die Multifunktionalität öffentlicher Räume neu gedacht werden und die Bedingungen für sicheren Rad- und Fußverkehr sollten verbessert, die Aufenthaltsqualität erhöht und weitere Potentiale für Begrünung und klimatischen Ausgleich genutzt werden. Diese Ziele und damit verbundene Aushandlungsprozesse erfordern ein Umdenken in Verwaltung und Planung und können durch neue Formen der städtischen Koproduktion angestoßen und unterstützt werden. Ko-Produktion wird dabei als intensive und ermöglichende Zusammenarbeit von Akteuren aus Zivilgesellschaft, Verwaltung und Stadtpolitik verstanden.
In diesem Beitrag geben wir einen Einblick in die Erkenntnisse der wissenschaftlichen Begleitung des laufenden, transdisziplinären Pilotprojekts “Neue Nähen- SUPERBLOCKS Leipzig” (Laufzeit Oktober 2021 und April 2024). Das Projekt wird vom Bundesministerium des Innern und für Kommunales im Rahmen des Projektaufrufs “Post-Corona City” gefördert und hat das Ziel, das in Barcelona umgesetzte Modell der sogenannten „Superblocks“ auf Leipzig zu übertragen und entsprechend der lokalen Rahmenbedingungen anzupassen. Das Projektteam arbeitet dafür eng mit Partner:innen aus der Stadtverwaltung, der Stadtforschung, einem Designkollektiv sowie mit lokalen Vereinen und Initiativen zusammen. Es werden vielfältige Aktionen im Straßenraum umgesetzt, Befragungen durchgeführt und das Team betreibt intensive Netzwerkarbeit. Das Projekt dient damit als Kooperationsstruktur und Testfeld, um unterschiedliche Bausteine der Verkehrsberuhigung und Umnutzung des Straßenraums, sowie bedarfsgerechte Formate für die Einbindung Stadtteilbevölkerung im stark verdichteten Leipziger Osten zu erproben. Dabei ergeben sich durchaus Spannungsfelder zwischen der persistenten autobezogenen Raumnutzung und dem Wunsch nach sicheren Straßenräumen „im menschlichen Maßstab“. Im Beitrag stellen wir zentrale Erkenntnisse aus dem bisherigen Prozess der Ko-Produktion vor und stellen dar, wie die Beteiligten ihre entsprechenden Ressourcen und Handlungsspielräume zusammenbringen.
Wir verstehen den Prozess als beispielhaft für die „sozial-ökologischen Transformation vor Ort“ und damit verbundene Konflikte und werden daher besonders auch auf entsprechende Sensibilisierungs- und Aushandlungsprozesse im Quartier eingehen.