Wohnen als Gegenentwurf zu kapitalistischer Wohnraumversorgung? Eine kritisch geographische Analyse anhand des Göttinger Mietshäuser Syndikat-Projektes „Grünes Haus anner Ecke“

Vortrag
Sitzungstermin
Donnerstag (21. September 2023), 11:00–12:30
Sitzungsraum
SH 1.101
Autor*innen
Johanna Lehne (Universität Göttingen)
Kurz­be­schreib­ung
Welches Potenzial geht von einem selbstverwaltetes Wohnprojekt im Sinne der politischen Ökonomie und der kritischen Wohnraumforschung aus, über den Fokus auf den Gebrauchswert des Wohnens einen individuellen Beitrag zur Lösung der Wohnungsfrage zu leisten? Falluntersuchung im Rahmen einer Bachelorarbeit.

Abstract

Ziel der Bachelorarbeit war es im Sinne der politischen Ökonomie und der kritischen Wohnungsforschung herauszuarbeiten, ob die Organisation & Struktur eines selbstverwalteten Wohnprojektes des Mietshäuser Syndikats dazu beitragen kann den Gebrauchswert des Wohnens ins Zentrum der Wohnraumversorgung zu rücken und so im Sinne der dargelegten Theorie einen Beitrag zur Lösung der Wohnungsfrage auf individueller Ebene leisten kann. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Wohnungsfrage zyklischen und systemischen Charakter hat und in ihrer jüngsten Form die Konsequenz des neoliberalen Paradigmenwechsels der 1980er Jahre, samt seiner Phänomene der Globalisierung, Deregulierung und Finanzialisierung ist. Die damit einhergehende Kommodifizierung von Wohnraum, hat zur Folge, dass der Gebrauchswert des Wohnens in den Hintergrund rückt und stattdessen der Tauschwert die maßgebliche Determinante beim Wohnungsbau wird. Das kapitalistische System, das die Grundlage der Warenförmigkeit und Inwertsetzung von Wohnraum bildet, wird in der Diskussion um die Lösung der Wohnungsfrage als zentral angenommen. Somit stehen zu ihrer Lösung in Anlehnung an Engels die privaten Eigentumsverhältnisse und ökonomischen Profitlogiken im Zentrum der Arbeit. Daraus wird geschlossen, dass es einer neuen, nicht kommerziellen und marktferne Wohnraumversorgung bedarf, und dass die Privatisierung und Deregulierung des Wohnungsmarktes umgekehrt werden müssen, um der Wohnungsnot entgegenzutreten. Dabei werden nach Madden & Marcuse (2016) / Balmer & Bernet (2018), drei Ansatzpunkte zentral, die als zielführend bei der Lösung der Wohnungsfrage angenommen werden und sich zur Untersuchung selbstverwalteten Wohnens eignen: die Dekommodifizierung, die Selbstverwaltung und die Solidarität. Diese werden in der anschließenden Analyse zu zentralen Untersuchungskriterien des Mietshäuser Syndiakt-Projekts „Grünen Haus anner Ecke” um aus ihnen eine Antwort auf die Forschungsfrage ableiten zu können.