Wohnen unter Druck: Eine Praxis des kommodifizierten Wohnens zwischen politisch-ökonomischen, kognitiv-affektiven und sozial-räumlichen Dimensionen
Abstract
Die neoliberale Produktion von städtischem (Wohn‑)Raum manifestiert sich auf unterschiedlichen Wohnungsmärkten als Krise des leistbaren Wohnens. Demnach setzen die nach Marktlogiken verwerteten Wohn- und Mietverhältnisse Bewohnende unter Druck. Prekäre Wohnsituationen oder die Verdrängung aus dem Wohnraum werden nicht nur zu einem symptomatischen Merkmal knapper werdender Wohnungsmärkte, sondern ihr expansiver Charakter führt zu einer kontinuierlichen Ausdifferenzierung und zur Repositionierung eines Wohnens unter Druck. Bewohnende in diesen Situationen spüren die Auswirkungen auf ihre Wohn- und Alltagspraktiken, da sie kontinuierlich destabilisiert und unsicherer werden. Dieser theoretisch-konzeptionelle Beitrag schlägt holistische Überlegungen vor, um diese spezifische Praxis des Wohnens und alltäglichen Lebens aus Sicht der Bewohnenden zu erfassen. Dabei werden drei sich gegenseitig beeinflussende Ansatzpunkte vorgestellt, die Wohnen unter Druck in verschiedenen Lesarten verstehen: a) politisch-ökonomisch, um subjekt-zentrierte Positionalitäten innerhalb der Gesellschaft herzustellen und diese am Wohnungsmarkt zu verwerten; b) kognitiv-affektiv, die Sicherheit und Zughörigkeit raumzeitlich produzieren bzw. vermindern, und c) sozialräumlich-lebensweltlich, um die individuellen (Nicht‑)Annäherungen an die sich ändernden Lebensumstände durch diese externen Machtdynamiken aufzuzeigen. Wohnen wird schließlich zum Kompromiss innerhalb der relationalen Kontinua dieser drei Lesarten, die eine inhärente und individuell-normative Wohnpraxis nicht mehr zulassen. Die Überschneidung dieser drei Dimensionen ermöglicht es, nachzuvollziehen, wie die Bewohnenden ein Wohnen unter Druck erleben, wahrnehmen und wie sie schlussendlich mit diesen Wohnungsinstabilitäten umgehen beziehungsweise diese bewältigen. Diese praxistheoretisch inspirierte Perspektive lässt es zu, Wohnen unter Druck anhand der drei konzeptionellen Dimensionen relational zu entwirren, und dabei zu verstehen, wie sich vielfältige Wohn- und Lebenssituationen herausbilden, wie diese wiederum (re)produziert werden und wie die Bewohnenden darin verstrickt sind. Ebenfalls ermöglicht die Perspektive, breitere raumzeitliche und skalare Dynamiken relational aufzudecken, sowie den Umgang mit den Wohnsituationen als schicht- und klassenspezifische Prozesse durch die, den Bewohnenden unterschiedlich zur Verfügung stehenden, Handlungsspielräume zu erfassen. Aus dieser nuancierten Betrachtungsweise lassen sich schließlich unterschiedliche Ausprägungsformen eines auf kommodifiziertes Wohnen in Bezug auf dessen einschränkenden Tendenzen herausarbeiten.