Wärmewende in Berlin: Aus der Perspektive der Urbanen Politischen Ökologie

Vortrag
Sitzungstermin
Donnerstag (21. September 2023), 16:30–18:00
Sitzungsraum
SH 2.106
Autor*innen
Hendrik Sander (Bauhaus-Universität Weimar)
Kurz­be­schreib­ung
Der Beitrag beleuchtet aus einer Perspektive der Urbanen Politische Ökologie die etablierten Strukturen der Berliner Wärmeversorgung, die aktuellen Strategien und Konflikte um ihre Transformation sowie mögliche sozial-ökologische Alternativen.

Abstract

Um die deutsche Energiewende zum Erfolg zu führen, muss die Wärmeversorgung grundlegend umgestellt werden. Denn der Gebäude- und Wärmebereich ist für einen bedeutenden Teil der Treibhausgasemissionen verantwortlich. In dem Beitrag möchte ich das Thema am Beispiel der Berliner Wärmewende analysieren. Aus einer theoretisch-konzeptionellen Perspektive der Urbanen Politische Ökologie sollen die etablierten Strukturen der Berliner Wärmeversorgung, die aktuellen Strategien und Konflikte um ihre Transformation sowie mögliche Alternativen beleuchtet werden.

Gegenwärtig setzen die Energieunternehmen Vattenfall und GASAG auf eine grüne Erneuerung ihrer hergebrachten Geschäftsmodelle (Fernwärme bzw. Erdgas), indem sie ihre zentralistischen Infrastrukturen und die aktuellen Verbrauchsmuster auf Basis von Wasserstoff und zentralen Erneuerbare Energien-Anlagen fortschreiben wollen. Diese Variante eines grünen Kapitalismus würde aber die imperiale Lebensweise vertiefen. Umweltverbände setzen sich demgegenüber für dezentrale Erneuerbare Energien und eine Verbrauchsreduktion mittels einer Sanierungsoffensive ein, die allerdings Energie-Ungerechtigkeiten vertiefen kann.

Die divergierenden Strategien und Konflikte in dem Feld verdichten sich auf Landesebene in widersprüchlichen Politiken und Programmen, die bisher kaum eine kohärente staatliche Strategie für die urbane Wärmewende erkennen lassen. Nicht zuletzt manifestieren sich die Auseinandersetzungen in einer multiskalaren Konstellation: Die Berliner Wärmewende hat nicht nur Wechselwirkungen mit der nationalen Ebene sowie mit globalen und regionalen Ressourcenflüssen, sondern auch auf Quartiers‑, Bezirks- und Landesebene zeigen sich jeweils unterschiedliche Bedingungen und dominierende Strategien.

Die Wärmewende bedeutet in jeder Variante massive Verteilungskämpfe, die bestehende Ungleichheiten verschärfen können und nach gerechten Lösungen verlangen. Es bedarf einer ambitionierten und zugleich gerechten öffentlichen Wärmeplanung auf Landesebene. Ferner stellt sich die Eigentumsfrage: In der Vergesellschaftung von Energie- und Immobilienunternehmen liegt eine Chance für die Demokratisierung des Komplexes Bauen-Wohnen-Heizen und dessen sozial-ökologische Gestaltung.