Zur universitären Verknüpfung von Wissen und Können: Aufbau eines Inventars von Praxisdokumenten

Vortrag
Sitzungstermin
Donnerstag (21. September 2023), 11:00–12:30
Sitzungsraum
SH 1.106
Autor*innen
Nina Scholten (Universität Münster)
Dominik Conrad (PH Ludwigsburg)
Kurz­be­schreib­ung
Das Entwicklungsprojekt beabsichtigt durch den Aufbau eines Inventars von Praxisdokumenten Wissen und Können von Studierenden in der Lehre stärker zu verzahnen.
Schlag­wörter
Theorie-Praxis-Vernetzung, Innovative Lehransätze, Praxisdokumente, Entwicklungsprojekt

Abstract

Lehramtsstudierende kritisieren nicht selten, dass sie mit den Inhalten ihres Studiums in der Praxis wenig anfangen können. Auch Lehrkräfte geben an, „dass das Lehramtsstudium kaum entscheidend für ihre pädagogischen Entscheidungen und ihr unterrichtliches Handeln ist“ (Hemmer & Uphues 2011, S. 26). Eine Ursache hierfür könnte sein, dass universitär erworbenes Wissen häufig nicht mit der Schulpraxis verzahnt wird und lediglich träge Wissensbestände gebildet werden (Terhart et al., 1994).

Eine Möglichkeit diesem (etablierten) Theorie-Praxis bzw. Wissen-Können-Problem (Neuweg, 2011) zu begegnen, ist die Arbeit mit Praxisdokumenten in der universitären Lehre. Ein Praxisdokument ist ein Medium, das Ausschnitte der Schulpraxis dokumentiert. Es ist ein manifester Ausdruck eines übergeordneten fachdidaktischen Schwerpunkts und kann in verschiedenen Repräsentationsformen vorliegen z.B. Videovignette, Transkript, Zeichnung. Ein Beispiel für eine Praxisdokument ist eine im Unterricht angefertigte Concept-Map passend zum fachdidaktischen Schwerpunkt des systemischen Denkens. Zwei Kategorien von Praxisdokumenten können unterschieden werden: Es gibt zum einen „lernseitig“ ausgerichtete Praxisdokumente, die im weitesten Sinne eine Schüler*innenleistung zeigen (z.B. Schüler*innenlösung, Gruppengespräch), und beispielsweise kompetenzbezogen diagnostiziert werden können. Außerdem gibt es Praxisdokumente, die eine „lehrseitige“ Orientierung innehaben und eine Aktivität von Lehrkräften dokumentierten z.B. den Stundenverlaufsplan einer Lehrkraft oder eine Aufgaben- oder Impulsformulierung (Scholten & Orschulik, 2022). Mithilfe der Praxisdokumente können Lerngelegenheiten geschaffen werden, die systematisch explizite Bezüge zwischen universitärem Wissen und der Schulpraxis herstellen. Darüber hinaus werden die Potenziale und Grenzen des universitären Wissens in Bezug auf die Schulpraxis deutlich und Komplexität und Kontingenz von Unterricht wird erfahrbar.

Ziel des vorzustellenden Entwicklungsprojekts ist zunächst der Aufbau eines online Inventars von Praxisdokumenten für die Lehre. In unserem Vortrag stellen wir die erste Version dieses online Inventars vor. Dabei sollen gegenwärtige Herausforderungen diskutiert werden:

Erstellung von Praxisdokumenten zu (aktuellen!) fachdidaktischen Schwerpunkten, Form und Aufbereitung der Praxisdokumente , Datenschutz, Intuitive digitale Verfügbarmachung/Verschlagwortung und Partizipationsmöglichkeiten anderer Standorte.

Hemmer, M., & Uphues, R. (2011). Gemeinsam den Geographieunterricht der Zukunft andenken. Ein idealtypisches Modell für eine kompetenzorientierte Lehrerbildung in der Geographiedidaktik. Geographie und ihre Didaktik, 1, 25-44.

Scholten, N., & Orschulik, A. (2022). Praxisdokumente zur Verknüpfung von Theorie und Praxis auf Basis der Professionellen Unterrichtswahrnehmung. Herausforderung Lehrer*innenbildung Zeitschrift zur Konzeption, Gestaltung und Diskussion, 5(1), 179-195.