Überwindung der kategorialen Trennung Menschen-Tier-Umwelt? Machtkritische Befragung von One Health
Abstract
Ob Pandemie, Hitzestress oder Antibiotikaresistenzen: Anthropogene Veränderungen der Umwelt werden zunehmend als Gesundheitsrisiko wahrgenommen. Mit One Health hat sich in den vergangenen Jahren ein Feld internationaler Gesundheitspolitik herausgebildet, das krisenhafte Mensch-Umwelt-Beziehungen durch konkrete Politikmaßnahmen gesundheitsfördernd gestalten will. Es steht exemplarisch für den aktuellen politischen Umgang mit zunehmend als krisenhaft und interdependent begriffenen Mensch-Umwelt-Verhältnissen (Interdependenz-Narrativ im Anthropozän-Diskurs).
In diesem Vortrag fragen wir aus einer machtkritischen Perspektive nach den Gelingensbedingungen und Machtwirkungen, die mit den veränderten Leitlinien und Praktiken von One Health verbunden sind. Als Referenz dienen uns aktuelle Debatten in den Lebenswissenschaften sowie in den Wissenschafts- und Technikstudien, die die kategorische Trennung von Mensch und Umwelt zugunsten symbiotischer und relationaler Ontologien auflösen. Mit Hilfe von Foucaults Perspektive der Problematisierung arbeiten wir heraus, wie Gesundheit in den Politiken und Programmen von One Health als Problem aufgefasst wird: welche Bearbeitungsweisen des Problems werden damit ins Werk gesetzt und was wird im Gegenzug dethematisiert? Entgegen der ursprünglich stark von Wechselwirkungen und Verschränkung her motivierten Debatte zeigen sich hier insbesondere Effekte der weiteren Grenzziehung, Isolierung und Identifizierung zwischen Mensch und Tier.