Die Rolle des medialen Diskurses über getötete Radfahrer:innen in Berlin 2016 - 2021

Poster
Sitzungstermin
Freitag (22. September 2023), 14:30–16:00
Sitzungsraum
SH 0.105
Autor*innen
Marlene Sattler (TU Berlin)
Kurz­be­schreib­ung
Wie wird im medialen Diskurs über getötete Radfahrer:innen berichtet? Wie wird in Polizeimeldungen über Verursacher:innen und Geschädigte geschrieben, wie in einer Tageszeitung? Verändert sich der Diskurs über den Zeitraum von fünf Jahren? Wem wird sprachlich Verantwortung, Schuld oder Handlungsträgerschaft zugewiesen?
Schlag­wörter
Diskurs, Mobilitätswende, Mobilitätsforschung, Transformationsforschung

Abstract

Wie hat sich der Diskurs über getötete Radfahrer:innen verändert – vor dem Hintergrund der Entstehung des Mobilitätsgesetzes in Berlin (2016 – 2021)?

Der öffentliche Raum in deutschen Großstädten wird immer voller, der motorisierte Individualverkehr nimmt kontinuierlich zu. Gleichzeitig fahren immer mehr Menschen mit dem Fahrrad. Zwar geht die Zahl der im PKW getöteten Menschen sowie die der getöteten Fußgänger:innen zurück, jedoch steigt die Zahl der getöteten Radfahrer:innen . Häufig wird von ähnlichen Unfallhergängen berichtet: „Radfahrerin in Berlin von Lkw überrollt“.

In Berlin formulieren Akteur*innen aus der Zivilgesellschaft im Dezember 2015 zehn Ziele für ein Radgesetz und streben einen Volksentscheid an. Mit dem deutschlandweit ersten Mobilitätsgesetz soll die Verteilung des öffentlichen Raumes gerechter gestaltet und nachhaltiger Verkehr gefördert werden. Vor diesem Hintergrund, widmet sich das Forschungsvorhaben der Frage, wie sich der mediale Diskurs über getötete Radfahrer:innen verändert hat.

Es wird angenommen, dass es zwei Diskurskoalitionen (Hajer 2004) gibt. Die neue Diskurskoalition „wütend und aktiv“ argumentiert, dass es für die Verkehrstoten Verantwortliche gibt, und dass Akteur:innen Handlungsmacht besitzen. Die alte Diskurskoalition „traurig und passiv“ argumentiert, es sei individuelles Schicksal und Unglück, bei einem Verkehrsunfall zu sterben. Welche Akteur:innen, diskursive Mechanismen oder Praktiken bilden ebenjene Diskurskoalitionen? In welchen Praktiken wird der Diskurs produziert, reproduziert und beeinflusst und transformiert dadurch den Diskurs über getötete Radfahrer:innen? Wer nimmt teil am Diskurs – womöglich auch durch Stille und Nicht-Teilnahme. Welche Praktiken und Formen des institutional work (Fuenfschilling und Truffer 2016) können ausgemacht werden, die diskursive Mechanismen nutzen, wenn (nicht) über Getötete berichtet wird.

Untersucht werden etwa 50 tödliche Unfälle in Berlin zwischen 2016 und 2021 anhand von Zeitungsartikeln, Polizeimeldungen, Pressemitteilungen zivilgesellschaftlicher Akteur:innen.