Translokalitätsforschung: Bestandsaufnahme und neue Perspektiven (AK Geographische Migrationsforschung, 1/2)

AK-Sitzung
Fachsitzung
Sitzungs-ID
FS-315
Sitzungsreihe
Gehe zu: Teil (2/2)
Termin
Donnerstag (21. September 2023), 09:00–10:30
Raum
HZ 8
Sitzungsleitung
Clemens Greiner (Universität zu Köln)
Malte Steinbrink (Universität Passau)
Christian Ungruhe (Universität Passau)
Kurz­be­schreib­ung
Translokalität hat sich in den vergangenen 20 Jahren zu einem wichtigen Konzept in der Migrations- und Entwicklungsforschung entwickelt. In dieser Sitzung des AK Geographische Migrationsforschung wollen wir den bisherigen Einfluss der Translokalitätsforschung reflektieren und zukünftige Forschungsfelder sowie den Beitrag für die Praxis diskutieren.

Abstract der Sitzung

Translocality is on the rise! Das Konzept der Translokalität entwickelt sich seit Anfang/Mitte der 2000er Jahre insbesondere auf der Schnittstelle zwischen Migrations- und Entwicklungsforschung. Ausgangspunkt bildete damals wie heute die Auseinandersetzung mit sozialen Phänomenen, die aus intensiven grenz- und distanzüberschreitenden Mobilitäten von Menschen, Gütern, Informationen, Ideen und Symbolen hervorgehen. Die Translokalitätsforschung ist seitdem darum bemüht, die durch immer komplexere sozialräumliche Dynamiken entstehenden Spannungen zwischen Mobilität und Lokalität besser zu verstehen.

Betrachtet man die internationale Forschungslandschaft, fällt auf, dass es insbesondere Vertreter\*innen der Geschichte, Geographie und Ethnologie aus dem deutschsprachigen Raum waren, die mit ihren konzeptionellen und empirischen Grundlagenarbeiten den Translokalitätsansatz in sozial- und geisteswissenschaftliche Debatten eingebracht haben. Hierzulande ist der Ansatz mittlerweile etabliert, was sich nicht nur in größeren Forschungsprojekten und der großen Zahl von Publikationen zeigt, sondern auch daran, dass der Ansatz es auch in aktuelle Lehrbücher und somit in den sedimentierten Wissenskanon geschafft hat. Parallel dazu wird Translokalität zunehmend auch in internationalen Debatten rezipiert und weiterentwickelt.

Wir denken, es ist Zeit für eine Bestandsaufnahme. Rückblickend wollen wir dazu einladen, bisherige Ansätze der Translokalitätsforschung zu reflektieren und zu fragen, welchen erkenntnistheoretischen oder empirischen Mehrwert die translokale Perspektive geleistet hat? Auf die Zukunft gerichtet wollen wir zum einen theoretische Weiterentwicklungen des Konzepts, insbesondere auch vor dem Hintergrund der Debatten um Postglobalisierung und Entnetzung in den Blick nehmen. Zum anderen wollen wir anwendungsbezogene Perspektiven diskutieren, und erstens danach fragen, welche Bedeutung Translokalität für soziale, ökologische und ökonomische Veränderungsprozesse hat und zweitens, wie Planung und Politik ein „translokales Bewusstsein“ in ihre Gestaltungs- und Entscheidungsprozesse implementieren können.

Wir laden Kolleg\*innen daher ein, sich Translokalität aus empirischer und/oder theoretischer Perspektive zu nähern und ihre Gedanken mit uns zu teilen.

English version

Translocality is on the rise! The concept of translocality is developing since the early/mid-2000s, particularly at the intersection between migration and development research. The starting point then, as now, was the examination of social phenomena resulting from intensive mobilities across borders and distance of people, goods, information, ideas and symbols. Ever since, translocality research has sought to better understand the tensions between mobility and locality that arise from increasingly complex socio-spatial dynamics.

Looking at the international research landscape, it is striking that it was especially representatives of history, geography and anthropology from German-speaking countries who introduced the translocality approach into debates in the social sciences and humanities with their conceptual and empirical groundwork. In the German-speaking context, the approach is now established, which is not only reflected by larger research projects and the increasing number of publications, but also in the fact that translocality is introduced in current textbooks and hence into the academic body of knowledge. Parallel to this, translocality is increasingly being received and further developed in international debates.

We think it is time for a first evaluation of the state of affairs. Looking back, we would like to invite to reflect on previous approaches to translocality research and to ask what epistemological or empirical added value the lens of translocality has provided? Regarding the future, we want to take a look at (possible) theoretical developments of the concept, particularly against the background of current debates on post-globalization and de-networking. In addition, we want to discuss applied perspectives and investigate both the significance of translocality for social, ecological and economic processes of change and how actors in planning and politics can implement a “translocal consciousness” in their designs and decision-making processes.

We therefore invite colleagues to approach translocality from an empirical and/or theoretical perspective that contribute to reflect and/or further develop the concept.