Die Zukunft der Geographischen Landeskunde: Regionale Geographie und Historische Geographie im Gespräch (AK Historische Kulturlandschaftsforschung in Mitteleuropa)

AK-Sitzung
Sonderveranstaltung
Sitzungs-ID
SV-145
Termin
Freitag (22. September 2023), 11:00–12:30
Raum
SH 2.106
Sitzungsleitung
Patrick Reitinger (Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL))
Tobit Nauheim (Universität Bonn)
Kurz­be­schreib­ung
Die Geographie gilt seit jeher als Disziplin, die Brücken zwischen den Naturwissenschaften und den Sozial- und Geisteswissenschaften schlägt. Humangeographie, Physische Geographie und Mensch-Umwelt-Beziehungen werden in der Regel an den Hochschulen und Universitäten als Einheit gelehrt und im Schulunterricht von den Geographielehrerinnen und -lehrern gemeinsam unterrichtet. In der Angewandten Geographie sind Praktikerinnen und Praktiker oft mit Herausforderungen im Berufsalltag konfrontiert, die Kompetenzen verlangen, für die ein Verständnis für die interdisziplinären Perspektiven der Natur- und Geisteswissenschaften nötig ist. Fragen des Klimawandels, von Migration, Globalisierung oder nachhaltiger Stadt- und Regionalentwicklung können längst nicht mehr eindimensional beantwortet werden. Spannend ist die Beobachtung, dass in der deutschsprachigen Hochschulgeographie – bei denjenigen also, die die Praktikerinnen und Lehrkräfte von Morgen ausbilden – die Forschungspraxis kaum (noch) geprägt ist von integrativen Ansätzen, die Humangeographie und Physische Geographie gleichermaßen berücksichtigen. Der Grund dafür liegt in den geographiegeschichtlichen Entwicklungen in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg, die nach der fundamentalen Kritik an Länder- und Landschaftskunde, nach dem „mythischen“ Geographentag von Kiel 1969 und der quantitativen Revolution seit den 1970er Jahren die Trennung von Humangeographie und Physischer Geographie in weiten Teilen der Hochschulgeographie zementiert haben. Historische Geographie und Regionale Geographie sind heute habituell und diskursiv an die Ränder der deutschsprachigen Hochschulgeographie gedrängt. Dabei fällt auf, dass diese „deutsche“ Perspektive in der internationalen Forschungslandschaft kaum geteilt wird und zudem in Kontexten der interdisziplinären Zusammenarbeit eine historisch-geographische und regionalgeographische Expertise geradezu erwartet und mit dem Label „Geographie“ verbunden wird. Spätestens mit den DebaLen zum „Anthropozän“ werden zudem physisch-geographische und humangeographische Ansätze in vielen internationalen Forschungsprojekten wieder stärker zusammengedacht. Diese Projekte zeichnen sich in der Regel dadurch aus, dass sie das grundsätzliche historische Gewordensein von Räumen anerkennen und zudem – meist unter dem Label der Area Studies – “klassische” Regionale Geographie betreiben. Die Sitzung des Arbeitskreises für Historische Kulturlandschaftsforschung in MiLeleuropa (ARKUM) möchte an diese DebaLen anschließen. Die Vorträge gehen von der These aus, dass eine historischgeographische und regionalgeographische Forschungsperspektive zugleich auch die Brücke zwischen Humangeographie und Physischer Geographie schlagen kann und im Begriff der „Geographischen Landeskunde“ ein vergessenes Potential für die Einheit des Faches und die interdisziplinäre Anschlussfähigkeit der Geographie an DebaLen zu planetaren Zukünften liegt.

Olaf Kühne (Universität Tübingen)
Lara Koegst (Universität Tübingen)

Neopragmatische Redeskription regionaler Geographien am Beispiel Louisiana, Vereinigte Staaten

Lina Schröder (JMU Würzburg; Universität Salzburg)

Leerstellen erkennen und besetzen: Schnittstellen zwischen (Historischer) Geographie, Landes- und Regionalgeschichte

Patrick Reitinger (Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL))

Ein Plädoyer für multiparadigmatische Perspektiven: Historisch-geographische und regionalgeographische Forschungspraxis im Anthropozän