Affekt, Aspirationen & Autonomie in viralen Situationen
Abstract
Digitale Plattformen wie Instagram, Twitter, Google, und Facebook sind ein bedeutender Teil unseres alltäglichen Handlungsraumes geworden. Die Plattformen sind täglich aktualisierte Informationskanäle, sie erweitern soziale Interaktionen und steuern Wahrnehmungen und Alltagspraktiken mit. Immer wieder kommt es bei der Nutzung zu viralen Situationen, in denen sich Handlungen und Emotionen, sowie Hoffnungen und Enttäuschungen der Nutzenden überschlagen. Diese Momente versteht dieser Beitrag als Konstellationen in denen die Raum-Zeit-Anforderungen der Plattform von den Möglichkeiten der Nutzenden abweichen und massive Friktionen entstehen.
Ziel dieses Beitrages ist es, zwei virale Momente empirisch genauer zu untersuchen. Unter dem Dreiklang „Affect, Aspiration & Autonomy“ werden die Emotionen, die Aspirationen und die Machtverhältnisse analysiert, die in einer solchen Situation sichtbar werden. Diese lassen Rückschlüsse darauf zu, welche Hoffnungen Nutzende in digitale Plattformen setzen, wer im sozio-technischen Raum Handlungen steuert und wer sie nunmehr ausführt, und welche Friktionen entstehen.
Als empirische Fälle werden zwei virale Situationen auf der Plattform Instagram detailliert mittels Interviews und der Untersuchung von Screenshots analysiert. Als erstes Beispiel dient eine zu Beginn des Angriffskrieges organisierte Hilfsaktion für die Ukraine, die über die digitale Plattform Instagram koordiniert wurde. In diesem Fall ging die Aufmerksamkeit für die Hilfsaktion weit über das Maß hinaus, das die Nutzerin noch selbst überblicken konnte. Als zweites Beispiel wird ein viraler Moment einer Künstlerin erforscht. Urplötzlich generierte ihr Beitrag Millionen Anfragen in ihrem Online-Shop, der in Sekundenschnelle ausverkauft war.
Beide Fälle zeigen, welche Hoffnungen und Möglichkeiten digitale Technologien bieten und wie die Nutzung von Plattformen bewusst im engen Verhältnis zu genau diesen Hoffnungen steht. Gleichzeitig wird auch deutlich, dass Instagram kein neutraler Raum ist, der sich nach den Wünschen der Nutzenden ausrichtet. Vielmehr folgen die Nutzenden den Raum-Zeit Strukturen der Algorithmen und erleben dabei emotionale Höhen, Tiefen und Überforderungen.