Auswirkungen des Ukrainekrieges auf die Annahmen und Ergebnisse der regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung für Bayern

Vortrag
Sitzungstermin
Mittwoch (20. September 2023), 16:30–18:00
Sitzungsraum
SH 0.106
Autor*innen
Dyanne Valerie Leukert (Bayerisches Landesamt für Statistik)
Kurz­be­schreib­ung
Infolge der Fluchtmigration aus der Ukraine nimmt die Einwohnerzahl in Bayern kurzfristig deutlich stärker zu als in vergangenen Vorausberechnungen angenommen. Nichtsdestotrotz wird die Bevölkerung Bayerns langfristig insgesamt älter und in manchen Kreisen – trotz Wanderungsgewinnen – schrumpfen.

Abstract

Aufgrund des Krieges in der Ukraine sind von dort auch nach Bayern zahlreiche Menschen geflohen. Wenngleich ein kleiner Teil der Geflüchteten den Freistaat wieder verlassen hat, ist die Zahl derer, die sich bis einschließlich September 2022 in Bayern aufgehalten haben, groß: Insgesamt beläuft sich der Wanderungssaldo gegenüber der Ukraine für diesen Zeitraum auf knapp 131 500 Personen. Zum Vergleich: In den Jahren 2017 bis 2021 lag der Auslandswanderungssaldo für ein ganzes Jahr bei durchschnittlich circa 57 100 Personen. Neben der Größenordnung ist aber auch die demographische Struktur der Fluchtzuwanderung aus der Ukraine auffällig. So sind vor allem Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren (34,7 %) und Frauen (18 Jahre alt oder älter: 48,5 %) in den ersten drei Quartalen des Jahres 2022 nach Bayern zugezogen.

Wie viele der vor dem Krieg geflohenen Menschen letztlich dauerhaft in Bayern bleiben werden, ist ungewiss. Daher mussten im Rahmen der jährlich aktualisierten regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung für Bayern Annahmen zu den vor diesem Krieg fliehenden Personen getroffen werden. Dies gilt insbesondere für die künftigen Zu- und Fortzüge: Um den Effekt der aktuellen Fluchtbewegungen gesondert berücksichtigen zu können, wurde in dieser Vorausberechnung erstmals neben der Außenwanderung gegenüber dem übrigen Bund und dem Ausland ein dritter Außenwanderungstyp eingeführt, der die mögliche Zu- und Abwanderung der Geflüchteten aus der Ukraine modelliert. Demnach wird in den ersten beiden Jahren nach 2022 noch mit einem – wenn auch sich abschwächenden – Zuzug aus der Ukraine gerechnet. Gleichzeitig wird aber auch die Zahl der Rückkehrenden beziehungsweise Weiterziehenden zunehmen. Insgesamt wird in der Vorausberechnung davon ausgegangen, dass etwa die Hälfte der Menschen, die seit Kriegsbeginn aus der Ukraine geflüchtet sind beziehungsweise noch flüchten werden, dauerhaft in Bayern bleibt.

Der Beitrag gibt einen Überblick über die methodischen Abwägungen sowie die getroffenen Annahmen und veranschaulicht die kurz- und langfristigen Auswirkungen der Fluchtzuwanderung auf die zukünftige Bevölkerungsentwicklung in Bayern.

So zeigen die Analysen, dass die Einwohnerzahl in Bayern durch die Fluchtzuwanderung zunächst deutlich stärker zunehmen wird, als noch in vergangenen Vorausberechnungen erwartet: während zuvor für das Jahr 2023 ein Bevölkerungsstand von 13,26 Millionen Personen ermittelt wurde, sind es in der aktuellen Vorausberechnung 13,44 Millionen Menschen. Auf lange Sicht wird aber auch dieser starke Zuwachs mit seinem temporär sogar verjüngenden Effekt die seit Jahren bestehenden Trends der Bevölkerungsentwicklung nicht ändern können: Die Bevölkerung in Bayern wird zwar internationaler, aber insgesamt älter und in manchen Kreisen – trotz Wanderungsgewinnen – auch weniger.