“Becoming migrant platform worker”: Zum Zusammenhang von Migration, Aufenthaltsstatus und der Plattformökonomie

Vortrag
Sitzungstermin
Mittwoch (20. September 2023), 11:00–12:30
Sitzungsraum
HZ 6
Autor*innen
Barbara Orth (FU Berlin)
Kurz­be­schreib­ung
Dieser Beitrag untersucht die Zusammenhänge zwischen Migrationserfahrungen, Visa-Regimen und der Plattformökonomie.

Abstract

Ortsspezifische Plattformarbeit, beispielsweise im Bereich von Liefer‑, Fahr- und Reinigungsdiensten, wird in Städten weltweit zu einem großen Teil von migrierten und/oder rassifizierten Arbeiter*innen geleistet (siehe z. B. Altenried 2021; Van Doorn & Vijay 2021; Zhou 2022). In der Geographie und darüber hinaus besteht jedoch weiterhin ein Bedarf an Untersuchungen, die über diese empirische Realität hinausgehen und den Zusammenhang zwischen Migration und Plattformunternehmen tiefergehend analysieren. Mit diesem Vortrag möchten wir dazu einen Beitrag leisten, indem wir die Verbindungen zwischen Migrationserfahrungen, Visa-Regimen und der Aufnahme von Plattformarbeit beleuchten. Auf der Grundlage von halbstrukturierten biografischen Interviews, die zwischen 2021 – 2023 in Deutschland und Lateinamerika geführt wurden, analysieren wir die Lebens- und Arbeitsbiographien von Plattformarbeiter*innen in Berlin. Wir zeigen unter anderem auf, wie digitale Arbeitsvermittlungsplattformen Mobilität für chilenische, argentinische und brasilianische junge Erwachsene der Ober- und Mittelschicht ermöglichen, die mit einem Working Holiday Visum nach Deutschland kommen (wollen). Durch ein transnationales Forschungsdesign beleuchten wir wie diese Personen den Übergang von einer privilegierten Situation in den Herkunftsländern zur Position prekärer Plattformarbeiter*innen in der deutschen Hauptstadt erleben. Zudem greifen wir die in der Plattformforschung geführte Diskussion auf, inwiefern Plattformnternehmen als Ankunftsinfrastrukturen (Van Doorn & Vijay 2021) oder Migrationsinfrastrukturen (Leurs, 2019, Xiang und Lindquist 2014, Lin et al. 2017) zu begreifen sind. Aus dieser Perspektive überwinden wir die Diskussion darüber, ob Plattformen eher zur Ausbeutung von migrantischen Arbeiter*innen beitragen oder als Sprungbrett für den Einstieg in neue Arbeitsmärkte beziehungsweise als erstrebenswerte „Endstationen“ im Arbeitsmarkt gelten. Stattdessen widmen wir uns der Frage, wie das Zusammenspiel von migrantischer Agency, Diaspora Netzwerken, Plattformen, neuen städtischen Konsumlandschaften, Krisen und die damit verbundenen Ko-Konstitution von digitalem und materiellem Raum zur Restrukturierung migrantischer Arbeitsmärkte in Städten beitragen.