Bevölkerungsprognosemodell für Planungspraktiker
Abstract
Je kleinräumiger Prognosemodelle angewendet werden, desto stärker wird der Einfluss der Wanderungsdynamik
auf das Ergebnis. Der Großteil der Wanderungen findet innerhalb von Wohnungsmarktregionen und hier
vor allem zwischen benachbarten Gemeinden statt. Diese sogenannte Wohnstandortmobilität wird maßgeblich durch
das Wohnungsangebot bestimmt – also durch Preise, Qualität und Verfügbarkeit. Handelnde Akteure sind weniger
einzelne Personen als vielmehr private Haushalte, die sich unter anderem durch ihre demografische Struktur, Einkommenssituation
und individuelle Wohnpräferenz unterscheiden.
Einfache Trendprognosen stoßen bei der Abbildung dieser Zusammenhänge an ihre Grenzen und können die reale Bevölkerungsentwicklung oftmals nicht richtig vorhersagen. Warum? Eine Trendprognose schreibt nicht nur die bevölkerungsstatistischen
Trends aus dem Stützzeitraum fort. Implizit werden auch die mittelbar und unmittelbar darauf einwirkenden Rahmenbedingungen fortgeschrieben. Hierzu gehören natürlich Effekte von Wohnungsneubau und Wohnungsabgängen oder auch vom Generationenwechsel
im Wohnungsbestand. Kaum ein Haushalt wird zuziehen, wenn keine freie Wohnung vorhanden ist. Kritisch muss deshalb
die unreflektierte Verwendung einer Trendprognose als verbindliche Steuerungsgröße in der kommunalen Planung gesehen werden, zum Beispiel im Bereich der kommunalen Infrastruktur- und Wohnungsmarktsteuerung.
Ein praxistaugliches Bevölkerungsmodell für die kommunale Planung muss mehrere Planungsalternativen schnell berechnen und miteinander vergleichen können, möglichst kleinräumig auch die Stadt- und Ortsteilebene abbilden und für die Anwender intuitiv und einfach zu bedienen sein. Aufgrund der aufgezeigten Zusammenhänge zwischen Wohnungsangebots- und Bevölkerungsentwicklung sollten die Effekte der Wohnungsangebotsentwicklung in den Fokus der Bevölkerungsmodellierung rücken. Dafür haben wir den Demografierechner entwickelt.
Mit dem Demografierechner können schnell und praxisnah die demografischen Folgen sowohl verschiedener Varianten einer Wohngebietsentwicklung als auch die Folgen von mehrjährigen Wohnungsbaustrategien, zum Beispiel im Rahmen der Flächennutzungsplanung, berechnet werden. Ebenso können zukünftige Wohnungsleerstände oder Stadtumbaustrategien simuliert werden. Da sich die realen Wohnungsbaustrategien im Prognosezeitraum mit Sicherheit verändern werden, bietet das Bevölkerungsmodell
eine einfache Anpassung dieser Modelleingangsparameter.
Am Anfang der Planung steht mit dem Demografierechner ein Denk- und Aushandlungsprozess über die gewünschte
und realistische zukünftige Wohnungsangebotsentwicklung in einer Gemeinde, um dann anhand demografischer Folgeeffekte passende Entscheidungen zu treffen.