Bildung für nachhaltige Entwicklung im schulischen Kontext ausgewählter SADC-Staaten: Geographie-Unterricht im Spannungsfeld von Sprachenpolitik, Erkenntnistheorien und Curricula

Vortrag
Sitzungstermin
Donnerstag (21. September 2023), 14:30–16:00
Sitzungsraum
SH 0.105
Autor*innen
Michael M. Kretzer (Ruhr-Universität Bochum)
Kurz­be­schreib­ung
Der Vortrag möchte den Beitrag der Geographie anhand ausgewählter SADC-Staaten hinsichtlich des Unterrichtens von Nachhaltigkeit und Bildung für nachhaltige Entwicklung an öffentlichen Schulen analysieren und nutzt dazu die zahlreichen Feldaufenthalte des Autoren.

Abstract

Bildungssysteme der SADC-Staaten werden nach wie vor sehr stark durch ihre kolonialen Ursprünge geprägt. Dies bezieht sich zum einen auf generelle Aspekte wie die Sprachenpolitik mittels der häufigen Weiterverwendung der ehemaligen Kolonialsprache als exkludierendes Instrument und zum anderen häufig in Verbindung mit der signifikanten Dominanz nicht-indigener Erkenntnistheorien. Dies drückt sich auch und gerade im Bereich BNE in nachdrücklicher Weise sowohl für den Geographie-Unterricht bzw. auch andere Fächer, die BNE unterrichten, erkennbar aus. Auch wenn bisweilen einige SADC-Staaten eine inklusivere Herangehensweise mittels multilingualer Sprachenpolitik und der Berücksichtigung von afrikanischen Erkenntnistheorien in deren Bildungssystemen integrieren, fristen diese meist ein Nischendasein. Selbst Staaten wie Südafrika, in deren Bildungssystem beispielsweise Ubuntu als indigene Erkenntnistheorie fest verankert ist und zu den zehn Bildungsleitsätzen gehört, beziehen sich in den Curricula und Lehrmaterialien dennoch weitgehend auf Theorien des Globalen Norden. Der Ausschluss indigener Erkenntnistheorien und Sprachen beeinflusst nachhaltig das Bewusstsein der Schüler*innen bzgl. der eigenen sozio-kulturellen Ursprünge negativ. Datenerhebungen erfolgten in öffentlichen Schulen in Botswana, Lesotho, Malawi und Südafrika mittels semi-strukturierter Interviews, Fragebögen und der Analyse von Lehrmaterialien. Oftmals befindet sich das Schulfach Geographie in einen Spannungsgefüge wieder. Dies wird u.a. dadurch verstärkt, dass das Schulfach „Geographie“ häufig nicht als eigenständiges Fach, sondern als Bestandteil von sogenannten „Learning Areas“ wie u.a. „Social Science“ etc. unterrichtet wird.

Welchen nennenswerten Beitrag die Geographie zu einer BNE und einer wahren, sinngebenden, inklusiven und dadurch gerechten Bildung insbesondere für die SADC-Staaten ermöglichen kann, wurde durch zahlreiche Feldforschungsaufenthalte in den vier genannten Staaten durch den Autoren untersucht. Die Analyse der Curricula und Lehrmaterialien, neben der Durchführung von semi-strukturierten Interviews offenbarte interessante Einblicke in den Stellenwert der Geographie im Kontext des Themas Nachhaltigkeit. Im Rahmen dieses Beitrags wird die Geographie sowohl als eigenständiges Fach, als auch als Bestandteil einer „Learning area“ intensiver analysiert.