"Blending in?" Rückwander*innen aus der ehemaligen UdSSR nach Finnland und Deutschland

Vortrag
Sitzungstermin
Freitag (22. September 2023), 16:30–18:00
Sitzungsraum
SH 1.104
Autor*innen
Bernhard Köppen (Universität Koblenz)
Jarmo Kortelainen (University of Eastern Finland)
Stefan Bloßfeldt (Universität Koblenz)
Virpi Kaisto (University of Eastern Finland)
Tuulia Reponen (University of Eastern Finland)
Kurz­be­schreib­ung
Re-Patriierte Migrant*Innen in Finnland und erhielten auf der Basis eines auf dem Jus Sanguinis gründenden Verständnis von Zugehörigkeit die Staatsbürgerschaft des jeweiligen Landes. Bei der sozialen Integration und in Hinblick auf das individuelle Zugehörigkeitsgefühl zeigt sich zunächst die Herausbildung einer hybriden Identität.
Schlag­wörter
Spätaussiedler*Innen, Ingrier, Palluumuutaja, Migration, Jus Sanguinis, Integration, Identität

Abstract

Ethnische begründete Re-Migration (Repatriierung) ist ein besonderes Phänomen und ein facettenreiches Thema für Migrationsstudien, Bevölkerungsgeographie und Sozialgeographie. Weltweit gibt es etwa 40 Staaten, die Rückführungsgesetze oder -programme eingeführt haben.

Deutschland und Finnland sind hierbei interessante Beispiele, da es in beiden Staaten Gruppen ethnischer Re-Patriierung (Spätaussiedler und Ingrier/Paluumuuttaja) gibt, die unter ähnlichen rechtlichen Voraussetzungen einwandern konnten und somit eine komparative Betrachtung möglich ist.

Die Vorfahren beider Gruppen haben zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert Deutschland bzw. Finnland verlassen, um sich im Russischen Reich niederzulassen und ihren Nachfahren wurde bei Rückkehr in ihr „Heimatland“ die Staatsbürgerschaft aus ethnischen und kulturellen Gründen zuerkannt.

Somit ergibt sich, im Vergleich zu anderen Migrantinnen und Migranten, ein privilegierter rechtlicher Status und hypothetisch wurde eine besonders schnelle Integration in die deutsche und finnische Gesellschaft postuliert.

In der Praxis stehen Re-Patriierte bezüglich der sozialen sowie beruflichen Integration jedoch vor ähnlichen Herausforderungen wie andere Migrantinnen und Migranten. Als besonders aussagekräftig erweist sich hierbei die Frage des individuellen Zugehörigkeitsgefühls, also der Selbst-Identifikation, mit der Mehrheitsgesellschaft, deren Teil man von Beginn an de jure war bzw. sein sollte, ungeachtet spezifischer kultureller Prägungen aus der Herkunftsgesellschaft und mit der Migrationserfahrung verbundener Besonderheiten. So zeigt die vergleichende Forschung mittels qualitativer Interviews in Finnland und Deutschland, dass die soziale Integration zwar tatsächlich sehr schnell voran zu schreiten scheint, aber die Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler sowie Ingerier/Pallumuutaja sich deshalb nicht zwingend auf einer „Überholspur“ zur Assimilation befinden, sondern sich trotz des formalen Attributs Staatsbürgerschaft und der ethnischen Zuschreibung zur Mehrheitsgesellschaft zunächst eine spezielle, hybride Identität manifestiert.